Microsoft Build 2016: Visual C++ jetzt auch für Linux

Microsofts Visual Studio ermöglicht es nun, auf Windows beliebigen C++-Programmcode für Linux zu schreiben. Für Übersetzung und Debugging ist zusätzlich ein Linux-System im Netzwerk notwendig.

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Microsoft Build 2016: Visual C++ jetzt auch für Linux
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Von
  • Dr. Holger Schwichtenberg

Im Rahmen der Build-Konferenz 2016 in San Francisco hat Microsoft gestern eine neue Erweiterung zum Erstellen von C++-Programmcode für Linux in Visual Studio vorgestellt. Microsofts C++-Compiler gibt es bereits seit Jahrzehnten und die zugehörigen Entwicklungswerkzeuge sind unter dem Namen Visual C++ Bestandteil der Entwicklungsumgebung. Letztere gibt es ausschließlich für Windows und bis 2015 konnten Entwickler damit ohne Erweiterungen von Drittanbietern nur Programmcode für Windows schreiben. Anders verhält es sich mit Visual Studio Code: Das eigenständige Produkt gibt es seit April 2015 auch für Linux.

Die Erweiterung Visual C++ for Linux Development steht Besitzern von Visual Studio 2015 nun kostenfrei zur Verfügung. Nach der Installation, die lediglich 4,5 MByte umfasst, finden die Anwender in den Projektvorlagen unter "Visual C++/Cross-Plattform/Linux" neue Vorlagen für Linux- und Raspberry-Pi-Anwendungen. Auf dem Entwicklungsrechner benötigt die Erweiterung zusätzlich die Komponente "Visual C++ for Cross-Platform Mobile Development", die Microsoft zusammen mit Visual Studio 2015 ausliefert.

Entwickler schreiben ihren Quellcode in Visual Studio im Editor von Visual C++ mit dem gewohnten Funktionsumfang. Die Übersetzung des Codes findet aber nicht auf dem Windows-System statt, sondern benötigt ein im Netzwerk eingebundenes Linux-System. Dort müssen OpenSSH und die Tools der GNU Compiler Collection gdb, gdbserver und g++ installiert sein (sudo apt-get install openssh-server g++ gdb gdbserver). Die Microsoft-C++-Unterstützung ist durch den Einsatz der GNU-Werkzeuge nicht auf bestimmte Linux-Distributionen beschränkt, sondern ist auf allen Gerätearten (Desktop, Server, IoT-Geräte) verfügbar.

Den Verbindungsaufbau zwischen Visual Studio und Linux dokumentiert Microsoft in einem Blog-Beitrag. Nach dem Übersetzen ist von Windows aus der Start und das Debugging auf dem Linux-System möglich. Die Linux-Unterstützung ist nicht auf Dienste oder Konsolenanwendungen beschränkt: Der Blog-Beitrag zeigt unter anderem, wie Entwickler eine OpenGL-basierte Anwendung übersetzen und debuggen können.

Eine Unterstützung für C++ auf Linux und Android war bisher mit der Erweiterung VisualGDB der Firma SysProgs möglich. Im Zuge der Öffnung für andere Betriebssysteme besetzt Microsoft selbst das Thema Cross-Plattform-Entwicklung. Nachdem der Chef des Unternehmens, Satya Nadella, im November 2014 seine Liebe zu Linux entdeckt hatte, unterstrich er am gestrigen Mittwoch in der Keynote der Build-Konferenz, dass er Windows zur "ultimate dev box" für alle Gerätearten und Betriebssysteme machen will.

Microsoft hatte Visual Studio bereits vergangenes Jahr für die Entwicklung von iOS- und Android-Apps ausgestattet. Im März kündigte das Unternehmen sein Datenbankmanagementsystem SQL Server für Linux an. Nun folgte die Vorstellung eines Linux-Subsystems, mit der Linux-Konsolenanwendungen unter Windows 10 laufen. (rme)