Pariser Start-up gewinnt Bio-Tinte aus Bakterien
Eine Alternative zu petrochemischen Farbstoffen und herkömmlichen Pflanzenfarben will das Start-up Pili gefunden haben. Es setzt auf Bakterienkolonien, die aus Zucker dunkelblaue Tinte machen.
Am Anfang war die Farbe Blau: Inzwischen hat die Firma Pili auch Rot, Gelb, Orange oder GrĂĽn fĂĽr ihre Tinte im Angebot.
(Bild: www.pili.bio)
- Inge WĂĽnnenberg
La Paillasse nennt sich in Paris ein Zentrum, das eine für jedermann zugängliche Wissenschaft repräsentiert. Mitbegründer dieses offenen Labors für Biotechnologie ist Thomas Landrain. Zusammen mit einigen Laborkollegen hat er eine Tinte entwickelt, die durch Bakterien und ohne Chemikalien hergestellt wird. Das berichtet Technology Review in der aktuellen April-Ausgabe (im Handel erhältlich und im heise shop bestellbar).
Blaue Bio-Tinte, die aus Zucker entsteht
Auf der Suche nach geeigneten Organismen für ihr Vorhaben lasen Landrain und die Designerin Marie-Sarah Adenis mehr als 200 Forschungsarbeiten und verbrachten Tage damit, Bakterienkolonien im Inkubator zu züchten. Letztlich fiel die Wahl auf einen südamerikanischen Vertreter der Streptomyces-Bakterien. Ihn brachte die experimentierfreudige Truppe dazu, Zucker in dunkelblaue Farbe zu verwandeln. Nach Variationen der Versuchsanordnung – unterschiedliche Arten von Zucker, Temperaturen und Zeitintervalle – gelingt es den Forschern inzwischen, auf biotechnischem Weg auch Farben wie Rot, Gelb, Orange und Violett herzustellen. "Wir fragten uns, ob solch ein Weg, Farben zu produzieren, eine wirkliche Alternative zu den bereits existierenden petrochemischen Farbstoffen sein könnte", berichtet Landrain. Denn herkömmliche Farben enthalten in der Regel giftige Substanzen wie Blei und zum Teil sogar krebserregende Stoffe.
Als Antwort ist aus dem Community-Projekt im vorigen Jahr das Pariser Start-up Pili hervorgegangen, das nicht nur in Sachen Biotinte für Schreibgeräte und Drucker mit dem französischen Schreibwarenhersteller BIC zusammenarbeitet. Längst hat die Gruppe aus synthetischen Biologen und Chemikern die erste Seite mit ihrer natürlichen, ungiftigen, recycelbaren oder biologisch abbaubaren Tinte gedruckt. Nun haben die Biohacker die Textilindustrie im Visier: Laut dem Magazin New Scientist versuchen sie, ihren Bakterienfarbstoff auch für Kleidung zu nutzen, etwa indem sie die Bakterien direkt auf den Stoffen züchten. Wenn der Färbevorgang beendet ist, werden die Einzeller entweder durch Hitze beseitigt oder mit einer Maschinenwäsche entfernt.
Start-up Pili will lebendige Farben herstellen
Hauptsächlich arbeitet das Pili-Team derzeit daran, die Produktionskosten so weit zu senken, dass seine "Living Colours" etwa mit herkömmlichen Pflanzenfarben konkurrieren können. Darüber hinaus sondieren die Pariser Entrepreneure die Einsatzmöglichkeiten ihrer Farben in der Kosmetikindustrie. Denn für Landrain hat Pili "das Potenzial, ein universeller Anbieter von erneuerbaren Farben aus der Natur für die Industrie zu werden". Ende des Jahres jedenfalls hofft die Truppe, mit den ersten Pili-Produkten am Markt vertreten zu sein.
Diesen und weitere Artikel lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Technology Review (im Handel erhältlich und im heise shop zu bestellen). (jle)