Zensur in sozialen Medien: Nackte Tatsachen und falsche Identitäten führend

Die Plattform Onlinecensorship.org hat ihren ersten Bericht zu Zensur in sozialen Netzwerken veröffentlicht. Die meisten Beschwerden beziehen sich auf Facebook, wobei es meist um Nacktdarstellungen und Pseudonyme ging.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 127 Kommentare lesen
Zensur in sozialen Medien: Nackte Tatsachen und falsche Identitäten führend

Eine von Facebook zensierte Abbildung

(Bild: Mikael Häggström, Public Domain )

Lesezeit: 2 Min.

Im November baten die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) und das Datenlabor Visualizing Impact die Nutzer über das Portal Onlinecensorship.org um Eingaben, welche Inhalte Facebook, Google+, Twitter, Instagram, Flickr und YouTube am häufigsten löschen. Am Donnerstag haben die Beteiligten nun in einem Bericht eine erste Zwischenbilanz des Crowdsourcing-Projekts gezogen. Sie haben demnach in den vergangenen vier Monaten 161 Beschwerden aus 26 Ländern über Zensur in den angeführten sozialen Netzwerken erhalten, die sich auf Inhalte in elf Sprachen beziehen.

Den größten Unmut zog demnach Facebook auf sich mit 127 dokumentierten Einschränkungen. In 49 Fällen löschte der Betreiber dabei Nutzerkonten, 40 Mal einzelne Beiträge, 24 Mal Fotos, achtmal ganze Seiten. Gegen Twitter richteten sich insgesamt 25 Beschwerden, 14 davon wegen suspendierter Accounts. Instagram zog neunmal den Zorn auf sich, Youtube achtmal, Google+ einmal.

Die große Mehrheit der Facebook-Eingriffe bezog sich auf Nacktheit, an zweiter Stelle folgen falsche Identitätsangaben aufgrund von Verstößen gegen die "Realnamen"-Richtlinie des Netzwerks. Zu den zensierten entblößten Abbildungen gehört eine Wikipedia-Darstellung der menschlichen Anatomie, die eine nackte Frau und einen nackten Mann frontal zeigt (siehe oben). Für die Autoren des Berichts war klar erkennbar, dass es sich um ein Bild handelt, das "Bildungszwecke" verfolgt. Nur sechsmal reagierte Facebook dagegen auf "Hate Speech".

Bei Twitter ging es vor allem um gezielten Missbrauch, Beleidigungen, Betrugsversuche und Spam, auf Instagram um vage bleibende "unangemessene Inhalte". YouTube löschte in rund der Hälfte der Fälle, da Copyright-Bestimmungen verletzt worden seien.

53 Prozent der betroffenen Nutzer akzeptierten das Vorgehen der Betreiber. 50 Prozent von dieser Gruppe gaben als Grund für das Stillhalten an, nicht zu wissen, wie sie Widerspruch einlegen könnten. Ein fast genauso großer Anteil ging davon aus, dass eine offizielle Beschwerde eh im Sande verlaufen würde. Nur in vier Fällen schafften es die wehrhaften Betroffenen, dass die ursprünglichen Inhalte wiederhergestellt wurden. 50 Mal erhielten die Nutzer keine Antwort auf ihren Einspruch. Gut 61 Prozent der Teilnehmer gehen davon aus, dass ihre Beiträge von Dritten den Betreibern gemeldet wurden und diese sie daraufhin herunternahmen. (anw)