Ein Streitgespräch zwischen VDA und Greenpeace

Diskussion um Abgastests

Volkswagens Abgas-Affäre hat die Diskussion über Schadstoffmessungen neu angefacht. „Die Tests haben nichts damit zu tun, was tatsächlich auf der Straße geschieht“, kritisiert Daniel Moser von Greenpeace. „Abweichungen liegen in der Natur der Sache“, hält Kay Lindemann, Geschäftsführer des Autoverbands VDA, dagegen

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  • Martin Franz
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Volkswagens Abgas-Affäre hat die Diskussion über Schadstoffmessungen neu angefacht. „Die Tests haben nichts damit zu tun, was tatsächlich auf der Straße geschieht“, kritisiert Daniel Moser von Greenpeace. „Abweichungen liegen in der Natur der Sache“, hält Kay Lindemann, Geschäftsführer des Autoverbands VDA, dagegen. Dr. Kay Lindemann ist einer von drei Geschäftsführern des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Er ist unter anderem zuständig für die Wirtschafts- und Europapolitik und vertritt den VDA im europäischen Verband ACEA. Daniel Moser ist bei Greenpeace verantwortlich für die Themen Mobilität und Transport. Was sollen die Abgastests eigentlich bringen? Ein Streitgespräch.

Woher kommen die hohen Abweichungen zwischen den auf dem Prüfstand gemessenen Abgaswerten und der Realität auf der Straße?

Lindemann (VDA): Abweichungen liegen in der Natur der Sache. Die offiziellen Werte werden unter streng genormten, nahezu klinischen Bedingungen im Labor ermittelt. Demgegenüber unterliegen die Werte auf der Straße vielfältigen Einflüssen wie der Fahrweise, Verkehrslage und Witterung. Es kann nicht überraschen, dass ein sportlicher Fahrer in den bayerischen Bergen andere Verbrauchswerte hat als ein defensiver Fahrer in der niedersächsischen Tiefebene.

Moser (Greenpeace): Diese Erklärung greift nicht. Es ist noch nie ein Straßentest bekannt geworden, dessen Ergebnis unter dem Laborwert liegt. Die Abweichungen steigen seit Jahren. Hier müssen Autohersteller, aber auch die Politik in die Pflicht genommen werden, damit Abgastests realistischer werden und Manipulation - egal ob legal oder illegal - unterbunden wird.

Was meinen Sie mit „legal“ oder „illegal“?

Moser: Bei der illegalen Manipulation im VW-Abgas-Skandal sorgt eine Software dafür, dass Autos auf dem Prüfstand die Grenzwerte einhalten, auf der Straße aber um ein Vielfaches darüber liegen. Die offiziellen Abgastests sind zwar legal, aber sie haben nichts mehr mit der Realität auf der Straße zu tun. Das ist eine Manipulation, die mit realitätsfremden Testbedingungen suggerieren will, dass Autos weniger Schadstoffe ausstoßen. Dabei reden wir nicht über Lappalien: Durch das gefährliche Reizgas Stickstoffdioxid etwa sterben allein in Deutschland 10 000 Menschen im Jahr. Das macht wirksame Abgasgrenzwerte zu einer Frage von Leben und Tod.

Lindemann: Darf ich an der Stelle einhaken? Konkrete Berechnungen zu einer erhöhten Sterblichkeit durch Stickoxide aus dem Straßenverkehr gibt es nicht. Daten des Umweltbundesamts zeigen, dass die Gesamtemissionen in Deutschland seit 1990 um mehr als die Hälfte zurückgegangen sind. Zur Frage des Tests: Es ist aus unserer Sicht ein Scheinargument zu behaupten, dass der offizielle Verbrauchswert mit der Realität nicht übereinstimmt.