Smart Borders: EU-Kommission nimmt neuen Anlauf zur elektronischen Grenzkontrolle

Mit vier statt zehn Fingerabdrücken sollen sich Ausländer künftig bei der Einreise in die EU registrieren lassen, wenn es nach einem neuen Verordnungsentwurf geht. Parallel strickt die EU-Kommission an einer biometrischen "Super-Datenbank".

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Smart Borders

(Bild: Secunet)

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Nach einer Machbarkeitsstudie und einem Pilotprojekt hat die EU-Kommission am Mittwoch einen überarbeiten Verordnungsentwurf für ein biometrisches Ein- und Ausreisesystem nach US-Vorbild vorgelegt. Laut Kommission soll das Vorhaben vor allem "die Qualität und Effizienz" der Grenzkontrollen verbessern und den Mitgliedsstaaten helfen, die zunehmenden Reise- und Migrationsströme zu bewältigen sowie sich besser vor organisierter Kriminalität und Terrorismus zu schützen.

Im Gegensatz zum früheren Anlauf sollen Ausländer sich nicht mehr mit allen zehn Fingerabdrücken bei der Einreise in die EU registrieren lassen müssen, sondern mit vier. Dazu kommt ein Gesichtsbild. Erfasst und fünf Jahre in dem System gespeichert werden sollen zudem der Name des Reisenden, die Art des Ausweisdokuments sowie Zeitpunkt und Ort der Ein- und Ausreise.

Die Kommission strebt eine "zentrale Datenbank mit nationalen Netzzugangspunkten" an. Das System soll interoperabel sein mit dem bereits bestehenden Visa-Informationssystem (Vis). Die Informationen könnten zwischen beiden Datenbanken direkt untereinander abgeglichen werden, erläutert die Kommission. So würden Duplikate vermieden, was einem "voreingestellten Datenschutz" entspreche. Der Entwurf sieht vor, dass die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europol unter festgelegten Bedingungen auf das Ein-/Ausreisesystem zugreifen dürfen.

Die Datenbank soll die zulässige Dauer eines Kurzaufenthalts automatisch berechnen und einen Warnhinweis an die nationalen Sicherheitsbehörden erzeugen, wenn der Betreffende bis zum Ablauf der Aufenthaltsdauer nicht ausgereist ist. Das bisherige Stempelverfahren will die Kommission aufgeben.

Herausgefallen aus dem Paket "Smart Borders" ist das zunächst vorgesehene Vorzugsprogramm für Vielreisende aus EU-Staaten. Dafür sollten automatische, biometriegestützte Schleusen etwa an Flughäfen verwendet werden, die auch auf Gesichtserkennung mit 3D-Technik und elektronische Reisepässe setzen. Mit einer neuen Verordnung zur Reform des Schengener Grenzkodexes will es die Kommission nun aber ermöglichen, dass Selbstbedienungssysteme und elektronische Gates für Angehörige von Drittstaaten zur beschleunigten Registrierung eingerichtet werden können.

Zugleich will die Kommission auf die Brüsseler Anschläge reagieren und bestehende sowie künftige Informationssysteme im Bereich innere Sicherheit wie das Ein-/Ausreisesystem oder Datenbanken für Fluggastdaten generell stärker miteinander vernetzen. Interoperabilität lautet auch hier das Stichwort, wobei "Datenschutzgarantien" aber eingehalten werden sollen.

Konkret schlägt die EU-Kommission vor, eine einzelne übergeordnete Suchschnittstelle für verschiedene Datenbanken auf nationaler Ebene zu schaffen. So sei sicherzustellen, dass Grenzschützer und andere Polizisten alle benötigen Informationen zur Hand hätten, wann immer sie diese benötigten.

Indirekt zusammengeführt werden können sollen so etwa Einträge aus dem Schengener Informationssystem (Sis), dem Vis, der Fingerabdruckdatenbank Eurodac, dem Europol-Informationssystem oder dem Europäischen Strafregisterinformationssystem (Ecris). Dazu kommen Biometrie- und Gendaten, die verschiedene EU-Länder gemäß dem Prümer Vertrag untereinander austauschen. Schritte hin zu "verknüpften Datentöpfen" hatte vor allem Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gefordert und dafür ein Papier erstellen lassen. Kritiker wie der linke Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko warnen davor, dass künftig auf EU-Ebene Informationen mithilfe einer neuen biometrischen "Super-Datenbank" gerastert werden dürften. (anw)