Exos Aerospace: Neuer Anbieter für Weltraum-Touristen

Wie Virgin Galactic will auch Exos Aerospace Touristen von Neumexiko ins All befördern. Für den Spaceport America wäre das ein eminent wichtiger Kunde, finanziell und politisch.

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Virgin Galactic Gebäude am Spaceport America

In Virgin Galactics Hangar am Spaceport America tut sich leider wenig.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das US-Unternehmen Exos Aerospace möchte in Zukunft vom Spaceport America in Neumexiko ins All starten. Das haben die beiden Unternehmen am Wochenende bei der Konferenz Space Access 2016 in Phoenix bekanntgegeben. Eines Tages möchte Exos Aerospace touristische Kurzausflüge in den Weltraum verkaufen. Zunächst sollen aber Forschungsprojekte befördert werden. Erste Testflüge sind noch für 2016 geplant. Der Spaceport braucht die zahlende Kundschaft dringend.

Der "Kontrollturm" des Spaceport America

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

In den zehn Jahren seines Bestehens hat der Spaceport America erst 24 Raketenstarts verzeichnet. Allesamt vertikal und, wenn sie es überhaupt ins All geschafft haben, dann nur in suborbitale Höhen. Die einzigen Menschen, die vom Spaceport Richtung All befördert wurden, waren schon tot: UP Aerospace verbrachte kremierte Überreste in den Weltraum. Darunter war auch die Asche des Kanadiers James Doohan. Er war als Darsteller des Sternenflotten-Offiziers und -Ingenieurs Montgomery Scott (Scotty) weltberühmt geworden.

Die riesige Startbahn, eigentlich die wichtigste Einrichtung des Spaceport, hat noch gar keinem Flug ins All verholfen. Wichtigster Kunde des Spaceport sollte Virgin Galactic sein, das auf horizontale Starts setzt. Doch das Unternehmen liegt viele Jahre hinter dem Zeitplan. Die Entwicklungsarbeit hat bereits vier Menschenleben gefordert. Wann Virgin am Spaceport aktiv wird, ist offen.

Neumexiko ist einer der ärmsten US-Staaten und hat nur zwei Millionen Einwohner. Er hat mehr als eine Viertelmilliarde US-Dollar in den Spaceport gesteckt. Doch der erwartete Schub für die regionale Wirtschaft bleibt bislang aus. Das verärgert viele Bürger. Um das laufende Defizit zu schmälern, fungierte der Spaceport zuletzt als Kulisse für Dreharbeiten.

Außerdem versucht das Management mit einer Rabattaktion auf sich aufmerksam zu machen: Raumfahrt-Unternehmen, die vom Spaceport America abheben wollen, müssen für den ersten Start keine Startgebühren bezahlen. Zudem gibt es Aufnahmen mit speziell für Raketenflüge entwickelten Kameras von MARS Scientific zu einem "symbolischen Preis".

Aaron Prescott vom Spaceport America und Exos-Teilhaber John Quinn beim symbolischen Händedruck auf der Space Access 2016.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Von diesem Angebot macht nun Exos Aerospace Gebrauch. Angekündigt wurde eine Zusammenarbeit für fünf Jahre. Exos-CEO David Mitchell zeigte sich in einer Aussendung vergangene Woche "begeistert": "Keine andere [Einrichtung] auf der Erde bietet die gleiche Kombination aus Lage, Nähe, Mehrfach-Starts und Erschwinglichkeit wie der Spaceport America. Wir planen, eine permanente Präsenz in Neu Mexiko zu etablieren, nachdem wir eine Reihe von Demonstrationsflügen durchgeführt haben werden."

Exos macht dort weiter, wo Armadillo Aerospace 2013 aufgehört hat. John Carmack hatte Armadillo 2000 gegründet. Die Firma verdiente Geld mit der Entwicklung von Raumfahrttechnologie im Auftrag Dritter; außerdem forschte sie an eigenen Raketen und Raumfahrzeugen, mit dem Ziel, Touristen ins All zu befördern.

Das Unternehmen entwickelte damals eine Raketenserie namens Stig. Drei Starts von Stiga folgten drei Starts von Stig B, allesamt am Spaceport America. Beim letzten Start, im Januar 2013, ging der Fallschirm nicht auf. Anstatt zurück zu Boden zu gleiten, krachte Stig B sehr unsanft auf. Von diesem Rückschlag erholte sich das Unternehmen nicht. Carmack schickte die Firma im Sommer des selben Jahres in einen "Winterschlaf".

Nun hat Exos die Rechte an Armadillos Entwicklungen erworben und auch mehrere der damaligen Mitarbeiter eingestellt. Am 1. März begann das texanische Unternehmen mit dem Bau einer wiederverwendbaren Rakete namens SARGE (Suborbital Active Rocket with GuidancE). Deutschsprachige Touristen würde dieser Name eher abschrecken, aber für sie ist das Vehikel auch nicht gedacht.

Schematische Darstellung der SARGE-Rakete. Der erste Triebwerkstest ist für diese Woche geplant.

(Bild: Exos Aerospace)

SARGE hat eine geplante Nutzlast von bis zu 50 Kilogramm, die zur Kármán-Linie in 100 Kilometern Entfernung gebracht werden sollen. Ein Flug würde etwa drei bis vier Minuten annähernder Schwerelosigkeit verschaffen und kostet aktuell "nur" 250.000 US-Dollar (rund 220.000 Euro). Das soll zunächst Forschungsaufträge und später Herstellungsprozesse, die Schwerelosigkeit benötigen, anziehen.

Am höchsten Punkt der Reise soll sich ein Fallschirm öffnen, der wiederum einen
Paragleit-artigen Gleitschirm herauszieht. Damit möchte Exos die Rakete in die unmittelbare Nähe der Startrampe zurückbringen. Binnen einer halben Stunden würde der Auftraggeber Zugang zu seinen Objekten bekommen. Der nächste SARGE-Start soll schon am folgenden Tag möglich sein.

In fernerer Zukunft hofft Exos, die Kosten durch regelmäßigen Flugbetrieb so weit senken zu können, dass die Flüge für Universitäten und sogar Schulen leistbar werden. Die Rede ist auch von militärischen Aufträgen, der Verbringung kleiner Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn, sowie eben touristischen Ausflügen. Die dafür notwendige Rakete wird hoffentlich auf einen weniger düsteren Namen getauft werden. (ds)