Marissa Mayer: Yahoo-Verkauf hat höchste Priorität

Die Yahoo-Chefin tritt Kritik entgegen, sie wolle das Kerngeschäft gar nicht verkaufen und gebe keine Informationen preis. Fragen wollte sie aber nicht beantworten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Marissa Mayer und Ken Goldman

Nach Bekanntgabe des negativen Quartalsergebnisses trafen sich Yahoo-Chefin Marissa Mayer und ihre Finanzchef Ken Goldman zur üblichen Telefonkonferenz mit Finanzanalysten.  

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Yahoo-Chefin Marissa Mayer betonte Dienstagabend, wie wichtig die Firmenleitung den laufenden Verkaufsprozess nimmt. "Unser Verwaltungsrat, unser Management-Team und ich haben das Verfahren [zur Findung einer] strategischen Alternative zur Top-Priorität gemacht", sagte sie in der üblichen Telefonkonferenz mit Finanzanalysten nach Bekanntgabe eines Quartalsergebnisses. "Strategische Alternative" ist eine behübschende Umschreibung für die Suche nach einem Ausweg aus der Misere.

Frau Mayer

(Bild: Screenshot)

In fast vier Jahren ist es Mayer nicht gelungen, Yahoo wieder aufblühen zu lassen.Nun soll das Kerngeschäft entweder verkauft oder abgespalten werden. Eine ursprünglich geplante Abspaltung der sehr lukrativen Beteiligung an Alibaba scheiterte an Steuerforderungen der US-Behörden. Als wahrscheinlichster Käufer von Yahoos Kerngeschäft gilt Verizon.

Doch Yahoo-Großaktionär Starboard, eindeutig kein Mayer-Fan, hatte sich zuletzt öffentlich beschwert, dass Yahoo gar nicht wirklich verkaufen wolle. Und im Magazin Fortune bedachte ein Manager eines kaufinteressierten Finanzinvestors den Verkaufsprozess mit einem Kraftausdruck.

Laut dem Bericht ist es schwer, aus der Yahoo-Chefetage – inklusive Mayer – Informationen zur zukünftigen Entwicklung des Unternehmens oder zum Verlauf des Tumblr-Umsatzes herauszupressen. Fortune mutmaßte, dass sei eine Rache des Yahoo-Managements an Starboard. Je weniger Kaufinteressenten übrig bleiben, umso geringer wäre wohl der Erlös für die Yahoo-Aktionäre.

Dem stellte sich Mayer entgegen und bekräftigte, Verwaltungsrat, Berater und Management seien sehr wohl an einer Maximierung des Verkaufserlöses interessiert: "Ich persönlich glaube, dass die richtige Transaktion auf zwei Arten enormen Wert freisetzen könnte. Erstens, in dem strategische Synergien realisiert und das Wachstum unseres Geschäfts beschleunigt werden. Und, zweitens, indem wir die [Aktieninvestitionen] von unserem operativen Geschäft trennen, was diverse weitere wertschaffende Transaktionen ermöglichen würde."

Zu den "Anstrengungen" gehören laut Mayer auch eine "Präsentation des Managements" und ein "umfassender Datenraum". Zu diesem Raum erhält natürlich nur Zugang, wer zuvor eine Geheimhaltungsverpflichtung (NDA) unterzeichnet hat. Laut Fortune haben nur wenige jener Unternehmen, die in Medienberichten als Kaufinteressenten gehandelt werden, das NDA unterschrieben.

Herr Goldman

(Bild: Screenshot)

"Wir waren reaktionsfreudig und aktiv, [haben] persönlich Hunderte Fragen und Bitten um Information beantwortet. Wir haben einen gut definierten, aggressiven Zeitplan, um im schnellstmöglichen Tempo fortzufahren", sagte Mayer in der Telefonkonferenz. Doch schon im nächsten Satz machte sie deutlich, Fragen der Finanzanalysten zum Verkaufsprozess nicht zu beantworten: "Um den Wert und die Integrität des Verfahrens zu bewahren, beabsichtigen wir nicht, zukünftig Updates oder Kommentare zu spezifischen Details zu abzugeben."

Tatsächlich wurden einschlägige Fragen dann auch nicht beantwortet. Mit einer Ausnahme: Mayer und ihr Finanzchef Ken Goldman bestätigten, dass sie statt eines Verkaufs auch eine Abspaltung des Kerngeschäfts in Erwägung ziehen. In diesem Szenario würden gegenwärtige Yahoo-Aktionäre dann Aktien an zwei verschiedenen Unternehmen halten: An einem Unternehmen mit Yahoos Kerngeschäft, und an einer Holding, die Yahoos Aktienpakete verwaltet. Letzteres wäre vor allem die Alibaba-Beteiligung.

Ein zum Verkauf stehendes Unternehmen versucht in der Regel, sich aufzuhübschen. Yahoo bildet da keine Ausnahme: "Ich werde sehr, sehr fokussiert auf die Kapitalinvestitionen bleiben, sehr fokussiert auf das Betriebskapital [bleiben], vor allem, wie wir über offene Forderungen und deren Eintreibung denken, und eine Reihe anderer Gebiete, um den Bargeldbestand wirklich zu maximieren, was letzten Endes zusätzlichen Wert für unsere Aktionäre schafft."

Mit anderen Worten: Anstatt mittel- oder langfristig profitabler Investitionen wird auf den kurzfristigen Kassenstand geschaut. Ausgaben werden deutlich reduziert, Außenstände schnell eingetrieben. Gut möglich, dass Yahoos Quartalsverlust ohne solche Maßnahmen noch höher ausgefallen wäre.

Yahoo hält gut ein Drittel der Anteile an Yahoo Japan.

Die Telefonkonferenz zeitigte dann noch eine unerfreuliche Nachricht für Yahoo-Aktionäre: Die sehr verlässlich sprudelnden Einnahmen aus der Zusammenarbeit mit Yahoo Japan werden sich kommendes Jahr deutlich reduzieren. Yahoo hält eine Minderheitsbeteiligung an Yahoo Japan und verdient, abhängig vom japanischen Geschäftsverlauf, Dividenden. Zusätzlich überweisen die Japaner aber noch zirka 200 Millionen US-Dollar jährlich.

"Das ist im wesentlichen eine quartalsweise [entrichtete] Gebühr", bestätigte Finanzchef Goldman. Davon entfällt etwa die Hälfte auf Lizenzgebühren für die Marke Yahoo und die andere Hälfte auf Gebühren für die Nutzung von Yahoos Plattform für Suchanfragen. Diese zweite Hälfte fällt voraussichtlich im Sommer 2017 weg. "Die [Zusammenarbeit bei der] Yahoo Suche hat ein Ablaufdatum im August 2017", bestätigte Goldman. (ds)