US-Anwälte fordern Grenzen im Internet
Die American Bar Association befürchtet das globale Chaos im Internet, wenn nicht bald Cyber-Grenzen die Rechtsräume klar abgrenzen.
Im Internet droht das globale Chaos: Zu diesem Ergebnis kommt ein Zweijahresreport der US-Anwaltsorganisation American Bar Association. Sie fordert auf ihrer Jahresversammlung, die derzeit in London stattfindet, daher Cyber-Grenzen im Internet. Das Fehlen von Gesetzen und Grenzen bereite der Wirtschaft, den Regierungen und letzlich auch den Verbrauchern Kopfzerbrechen.
Wenn ein französischer Kunde einen Teppich bei einem türkischen Händler kauft, dessen Online-Shop auf einem US-Server läuft, und mit einer schweizer Kreditkarte bezahlt, dann drohen allerlei Gefahren: Der Teppich könnte ein alter Lumpen oder die Kreditkarte könnte gesperrt sein. Wer bei diesem Geschäft Steuern bezahlt, bleibt fraglich: "Es ist, als ob wir auf dem Mars gelandet wären und dort eine Handelsvertretung aufbauten", sagte Thomas Vartanian, der in der Anwaltsvereinigung das Kommittee für Recht im Cyberspace leitet.
Grenzen können nicht gelöscht, sondern allenfalls ersetzt werden, sagte Vartanian. Auch im Cyberspace müsse es Grenzen geben, die klarstellen, welches Recht einem Online-Kauf zugrunde liegt. Häufig werde das Gesetz herangezogen, das am Standort des Käufers gilt. Das bedeute für den Händler jedoch, dass seine Website allen Gesetzen auf der Erde unterliegt. Dabei gehe es schließlich nicht nur um E-Commerce, sondern beispielsweise auch um die Verfolgung illegaler Inhalte.
Auch eine Lösung, nach der generell das Recht am Standort des Anbieters gilt, sei nicht praktikabel. Der Kunde könne nicht wissen, welche Gesetze in einem weit entfernten Land gelten, und die Anbieter würden ihr Geschäft schnell in rechtsarme oder -freie Gebiete verlegen. Die dritte Möglichkeit wäre, dass sich die Geschäftspartner darauf einigen, welches Gesetz gelte. Doch damit dürften die Regierungen nicht glücklich sein, insbesondere wenn es um regulierte Bereiche wie Drogen oder Medikamente geht.
Die Lösung kann nach Ansicht der US-Anwälte nur die Schaffung flexibler Grenzen sein, die beispielsweise berücksichtigen, an wen sich ein Webangebot vornehmlich richtet. Sie schlagen die Gründung einer globalen Kommission vor, die Rechtsstandards definieren und Staaten in Fragen des Cyber-Rechts beraten soll. Auf diesem Wege könne dann auch das Problem der Besteuerung von Online-Geschäften gelöst werden.
Sicherlich wird jedoch eine Festlegung von Cyber-Grenzen ähnlich strittig sein, wie die Festlegung der realen Grenzen in den vergangen Jahrhunderten. Es bleibt nur zu hoffen, dass darum keine Kriege geführt werden. (ad)