Neue Top Level Domains - die EU wills genau wissen
Die EU-Kommission bekräftigt den Anspruch der Regierungen auf ein Mitspracherecht bei der Auswahl der neuen Top Level Domains und lädt zu einem öffentlichen Hearing.
Die EU-Kommission lädt für den 11. Januar zu einem öffentlichen Hearing mit den Betreibern der neuen Top Level Domains in Brüssel. Dabei sollen Vertreter der von der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) für die Einrichtung von .biz, .info, .pro, .name, .coop, .museum und .aero ausgewählten Unternehmen und Organisationen ihre Konzepte vorstellen. Die Kommission rechnet, wie sie in einer Einladung schreibt, mit 200 bis 250 Teilnehmern. Das Treffen sei für alle potenziellen Nutzergruppen, Service-Provider, Registrare und die Registry-Gemeinde von Interesse und solle besonders im Fall der spezialisierten Domains die Teilhabe der entsprechenden Gruppen erleichtern – wie etwa europäischer Genossenschaften oder Museen im Fall von .coop beziehungsweise .museum.
Mit diesem Schritt bekräftigt die Kommission den Anspruch der Regierungen auf ein Mitspracherecht bei der Auswahl der neuen Top Level Domains. Die im Regierungsbeirat (GAC) der ICANN vertretenen Staaten hatten in einem eigenen Papier die Direktoren der ICANN aufgefordert, trotz der gebotenen Eile auch nach der getroffenen Auswahl eine Art internationaler Konsultation zuzulassen. Die EU-Mitgliedstaaten hatten mit einem Entwurf für dieses Papier die Diskussion im GAC ins Rollen gebracht.
Zwar habe die von der ICANN bei ihrer Jahrestagung Mitte November getroffene Auswahl viele Bedenken verschiedener GAC-Mitglieder gegenstandslos gemacht, sagte Christopher Wilkinson, GAC-Mitglied für die EU-Kommission. Dennoch, so Wilkinson, der auch Organisator des Hearings ist: "Wir wollen mit den Bewerbern reden." Zu klären seien etwa Fragen wie die Verwendung der Country-Codes auf der zweiten Ebene wie im Vorschlag für www.guggenheim.us.museum.
Mit einem grundsätzlichen Veto aus den Kreisen des GAC gegen einen der neuen Registry-Bewerber rechnen Beobachter aber nicht mehr. Vorgespräche mit dem US-amerikansichen Department of Commerce, das derzeit noch immer die ultimative Entscheidung über Veränderungen der Root-Zone trifft beziehungsweise die Oberaufsicht über den a-Root-Server hält, sind demnach offensichtlich bereits im Vorfeld der Auswahl geführt worden. Allerdings offenbart sich in den Forderungen der GAC-Mitglieder gegenüber der ICANN, dass die Regierungen sich nicht mehr mit ihrer beratenden Rolle innerhalb der für das DNS zuständigen Selbstregulierungsorganisation zufrieden geben.
Auch im Kampf um den Einfluss bei der Auswahl der Manager der jeweiligen Länderdomain (ccTLD) hat das GAC einen Teilerfolg erzielt. Die ICANN wird in nächster Zeit brieflich bei allen Regierungen nachfragen, ob sie "mit dem aktuellen ccTLD-Manager zufrieden" sind. Hat in der Vergangenheit also vor allem die auf Staatsferne bedachte IANA Delegationsfragen geklärt, führt in Zukunft kein Weg mehr vorbei an den Regierungen, wenn es um die Verwaltung des Namensraums im Internet geht.
Zu den neuen Top Level Domains und den Auseinandersetzungen innerhalb der ICANN siehe auch den Artikel Ein Königreich für einen (Internet-)Namen in Ausgabe 25/2000 von c't (ab dem 4. Dezember im Handel). (Monika Ermert) / (jk)