Die Wohnung weiß, was du letzte Nacht gemacht hast

Vielleicht wird das Haus der Zukunft voller Roboter sein. Vielleicht wird es aber auch selbst einer sein, glaubt eine junge Firma.

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Von
  • Will Knight

Diese Vision verfolgt jedenfalls das US-Start-up Brain of Things. Es hat Anfang März angekündigt, gemeinsam mit einem Immobilien-Entwickler drei "Robot Homes" an verschiedenen Standorten in Kalifornien zu bauen. Eingebaute Sensoren beobachten jeden Schritt der Bewohner. "Das Haus weiß zum Beispiel, ob seine Bewohner gerade einen Film schauen oder schlafen", sagt Ashutosh Saxena, Stanford-Forscher und Gründer von Brain of Things.

Lernfähige Algorithmen schließen aus den Sensordaten auf die Gewohnheiten der Nutzer. Anschließend kann sich das Heim in einem geradezu unheimlichen Ausmaß an seine Bewohner anpassen. So gehen die Jalousien automatisch hoch, wenn die Mieter morgens zur Arbeit müssen. Am Sonntag in der Frühe aber, nach einer durchfeierten Nacht, bleiben sie geschlossen. Und wenn sich die Nutzer nachts ein Glas Wasser holen gehen, beleuchtet das Haus den Weg, ohne sie zu blenden. (All diese Entscheidungen können natürlich auch per Hand überstimmt werden.)

In seiner akademischen Forschung sucht Saxena nach neuen Wegen, wie Roboter lernen und Informationen austauschen können. Er glaubt, dass smarte Wohnungen viel wichtiger sind als autonome Autos: "Die Leute verbringen 5,5 Prozent ihrer Zeit im Auto – aber 68,7 Prozent zu Hause."

Die Wohnungen von Brain of Things haben rund 20 Bewegungssensoren. Licht, Unterhaltungselektronik, Heizung, Klimaanlage und Sanitärinstallationen sind miteinander vernetzt. Es gibt sogar ein eigenes Fütterungs- und Überwachungssystem für Haustiere. All dies können Bewohner mit normalen Schaltern, Apps oder durch Sprachkommandos bedienen.

Einige Bewohner sind schon in die ersten Apartments eingezogen. Installation und Wartung der Technik kostet die Eigentümer etwa 30 Dollar im Monat. Mieter zahlen dafür einen monatlichen Aufschlag von 125 Dollar. Nachrüsten lässt sich die Technik bisher nicht, aber Saxena hofft, dass es irgendwann einmal so weit sein wird.

Kamin Whitehouse, der an der University of Virginia an intelligenter Gebäudetechnik forscht, findet die eingebauten Sensoren noch recht simpel: "Bewegungssensoren wissen nicht, ob man etwa bewegungslos in einem Raum steht oder den Raum schon verlassen hat." Er experimentiert mit tragbaren Sensoren oder Kameras, die Menschen anhand ihrer Größe oder ihrer Haarfarbe identifizieren. "Von diesen Fitbit-ähnlichen Sachen kann man erheblich mehr Informationen bekommen", so Whitehouse.

Um Privacy-Sorgen zuvorzukommen, hat Saxena in den Schlafzimmern keine Sensoren installieren lassen. Außerdem betont er, dass die Sensordaten eines Apartments das Gebäude niemals verlassen. Whitehouse rechnet ebenfalls damit, dass Menschen Bedenken wegen der Privatsphäre haben werden. Aber diese seien wohl auch nicht die Zielgruppe, sondern ältere oder behinderte Personen – "Leute, die die Technik wirklich benötigen." Für sie überwögen die Vorteile.

Saxena argumentiert, dass Menschen im Schnitt hundertmal am Tag einen Lichtschalter betätigen – angesichts dessen werde es ihnen nicht schwerfallen, den Fortschritt zu erkennen. "Eines Tages wird es den Leuten dumm vorkommen, aufstehen zu müssen, nur um das Licht einzuschalten." (bsc)