#20JahreHO

Kreislauf ohne Ende

Alles war schon mal da, nur nicht ganz so bunt oder schnell oder cool. Und es hat ĂĽberhaupt nie geholfen, schreckliche Entwicklungen vorauszusehen: pullmoll zieht Bilanz.

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Kreislauf ohne Ende
Lesezeit: 2 Min.
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  • Ein User-Beitrag von pullmoll

Vor zwanzig Jahren war nicht nur das Internet nicht mehr ganz neu, sondern auch die Vorstellung, man könne dieses Medium nutzen, um endlich einen Rückkanal zur Verfügung zu haben und gesellschaftliche Prozesse oder gar die Politik zu beeinflussen. Eine Renaissance der Radiotheorie von Bertolt Brecht. Ein Déjà-vu. Das war und ist jedoch Unsinn, denn die Informationsflut aus dem Internet ist so gigantisch, dass den meisten Menschen jede Form einer individuellen Erwiderung darin ersäuft.

20 Jahre heise online
20 Jahre heise online

Vor 20 Jahren, am 17. April 1996 fing mit der ersten Tickermeldung eigentlich alles an: Der Newsticker legte los und damit begann die eigentliche Geschichte von heise online, der Nachrichten-Site des Heise Verlags rund um IT, Hightech und die digitale Gesellschaft. In Artikelstrecken, Hintergrundbeiträgen und Aktionen mit Usern auf heise online wollen wir die Geschichte (und die Zukunft der digitalen Gesellschaft) beleuchten - und auch Party feiern. Stay tuned: Die Online-Themenseite #20JahreHO wird alle Artikel und weiterführenden Informationen rund um "20 Jahre heise online" versammeln.

Natürlich gibt es seit vielen Jahren Blogger, deren Schleusen gegen die Flut an Überflüssigem gut genug funktionieren, um ein Rinnsal von Meinung oder wirklich relevanter Information über eine Art von Rückkanal zu verbreiten. Und natürlich gibt es Foren, Chats und Apps zur Kommunikation, die aber leider vielfach zur Flut an Irrelevantem beitragen, das sich täglich über uns ergießt.

Eine Mehrheit der Menschen scheint aber nicht Willens oder in der Lage, ihre Einsichten und Gedanken kompakt und lesbar zu formulieren. Das erforderte auch viel Zeit und die ist, wie wir wissen, immer knapper geworden, je mehr uns die Technik das Leben erleichtert hat. Klingt komisch, ist aber so.

Die Mehrheit ergibt sich also dem Konsum und den technischen Spielereien, die alle paar Wochen dazu führen, dass sie ein immer wiederkehrendes, unbändiges Nachholbedürfnis entwickeln. Dies wiederum freut die Konzerne, die aus der Schaffung dieser genau genommen irrealen Bedürfnisse ihren Profit erzielen. Und so schließt sich der Kreislauf ohne Ende, in dem alles schon mal da war, nur nicht ganz so bunt oder schnell oder cool.

Betrachte ich heute die Prophezeiungen von Vordenkern wie John Walker (Unicard) oder Richard Forno (Hightech Heroin) bemerke ich nur, dass es ĂĽberhaupt nicht geholfen hat, schreckliche Entwicklungen vorauszusehen. Wir waren vielleicht einmal frĂĽher informiert, hatten aber nie eine Handhabe gegen die Ăśbermacht der Bequemlichkeit ĂĽber die Einsicht und die Vernunft.

FĂĽr das eigene Leben und Dasein in dieser komplett verrĂĽckten Welt hilft es, wenn man sich einreden kann, dass man ja eigene Versuche unternommen habe. Aber es war auch lachhaft wenig, verglichen mit den eigenen AnsprĂĽchen von damals.

Wir sind die letzten von hundertzehn. Wir warten bis die Zeit vergeht. (anw)