Smarte Ohrhörer "The Dash": Zwischen Händler-Euphorie und Käufer-Frust
Gerade verkündete Vodafone stolz, "als Erster das erste Hearable der Welt" auf den Markt zu bringen. Doch dem gegenüber stehen frustrierte Käufer der Bluetooth-Ohrhörer, die zugleich MP3-Player, Headsets und Fitnesstracker sind.
Auf den ersten Blick scheint es, als würde das Märchen von den revolutionären Bluetooth-Ohrhörern namens "The Dash", für die das Münchener Start-Up Bragi unter Leitung des Dänen Nikolaj Hviid Gold im Januar 2014 per Crowdfunding knapp 3,4 Millionen US-Dollar einsammelte, endlich wahr werden.
Immerhin kündigte Vodafone am gestrigen Mittwoch an, dank einer "exklusiven Kooperation" mit Bragi die smarten Ohrhörer ab sofort im Online-Shop anzubieten, ab dem 6. Mai auch in seinen "Flagship Stores" in Hamburg, Frankfurt, Köln, Dortmund und München sowie im Shop am Vodafone Campus in Düsseldorf. Sogar eine kleine Roadshow soll es zur Einführung der knapp 300 Euro teuren Stöpsel geben.
Schaut man sich jedoch einmal im Web, auf Google+ und Facebook (geschlossene Gruppe) die Kommentare von "The Dash"-Nutzern an, die die Ohrhörer als Unterstützer der Kickstarter-Kampagne bereits bekommen haben, so bekommt das Bild leider einige Risse.
Fehlerliste
Die am häufigsten geäußerte Kritik betrifft die Bluetooth-Audio-Verbindung zwischen The Dash und dem Smartphone. Diese fällt nach übereinstimmender Darstellung bereits aus, wenn man das Handy in die (linken) Hosentasche steckt. Einige User berichten, dass sich der Empfang mit dem Firmware-Update 1.4 gebessert habe, andere können hingegen keine Veränderung feststellen. Dafür berichten eine Reihe von Nutzern, dass sie nach dem Update die Ohrhörer nicht mehr mit Rechnern koppeln lassen.
Recht häufig beschweren sich Anwender auch darüber, dass der integrierte Pulsmesser unbrauchbare Werte liefere. So liege der ermittelte Puls mal weit unter dem realen Wert und mal extrem darüber. Beim Sport haben manche Anwenders zudem ein weiteres Kopplungsproblem: Bei ihnen werden die Sensordaten via Bluetooth Smart an die Bragi-App übertragen, nicht aber an andere Fitness-Apps. Das ist auch deshalb blöd, weil die Bragi-App nach übereinstimmender Meinung einen mageren Funktionsumfang bietet: Workouts lassen sich nicht einmal speichern.
Apropos Sensordaten: Die Hardware ist zwar in der Lage, auch die Körpertemperatur und die Sauerstoffsättigung zu ermitteln, offenbar wird bislang aber nur die Herzfrequenz ausgewertet. Backer, die seinerzeit das Developer-Kit gewählt, berichten davon, dass auch sie keinen Zugriff auf weitere Daten hätten.
Totalausfall und Kundendienst
Einige Backer berichten schließlich sogar von Ladeproblemen bis hin zu Totalausfällen – vor allem des linken Ohrhörers. Zur Erinnerung: Die Ohrhörer sind auch untereinander per Funk verbunden und beide Geräte übernehmen unterschiedliche Aufgaben.
Ein Betroffener berichtete gegenüber heise online, dass seine Ohrhörer bereits nach wenigen Wochen komplett tot waren. Auf die Frage nach einem Workaround oder ersatzweise einem Umtausch habe er zunächst lediglich eine Standardantwort erhalten. Dann sei komplette Funkstille seitens Bragi eingetreten.
heise online hatte bereits zweimal die Möglichkeit, Vorserien-Modelle des Bragi auszuprobieren – einmal hinsichtlich der Musikwiedergabe am Rande der IFA 2015 und einmal bezüglich der Sportfunktionen und Gesten am Rande der CES im Januar. In beiden Fällen hinterließ The Dash einen guten Eindruck. Ein zugesagtes Testexemplar erhielt die Redaktion bislang allerdings noch nicht. Auch eine Antwort von Bragi auf Nachfragen bezüglich der Beschwerden von Kunden steht bislang noch aus.
Update
Bragi erklärte mittlerweile gegenüber heise online, dass einige "Kickstarter-Geräte" Bugs gehabt hätten, die man aber in der finalen Produktion gefixt habe. Details teilte das Unternehmen bislang nicht mit. (nij)