Hintergrund: EU-US-Freihandelsabkommen TTIP - die Verhandler und die Vorläufer

Für das Freihandelsabkommen Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) gibt es vier zentrale Verhandlungsbeauftragte auf EU- und US-Seite. Das Abkommen hat aber auch einige Vorläufer.

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  • dpa

In einer Freihandelszone vereinigen sich Staaten zu einem einheitlichen Zollgebiet. Der Wegfall von Zöllen sowie von "nichttarifären" Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards und Normen soll das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Seit 2013 verhandeln die EU und die USA über eine "Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft" (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP). Mit rund 40 Prozent des Welthandels würde damit der bedeutendste Wirtschaftsraum der Welt entstehen.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Durch eine stärkere Öffnung der Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks erhoffen sich die Befürworter deutliche Wachstums- und Beschäftigungsimpulse.

Umwelt- und Verbraucherschützer, Sozialverbände und Gewerkschaften befürchten dagegen eine Angleichung von Standards auf geringerem Niveau und kritisieren mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen. Die TTIP-Gegner machen sich zudem für eine öffentliche Gerichtsbarkeit, ordentliche Arbeitsrechte für alle und den Erhalt der bisherigen Umweltstandards stark.

Für das angestrebte Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA gibt es ein zentrales Verhandler-Team:

Michael Froman: Ex-Banker, studierte mit US-Präsident Barack Obama in Harvard, dieser machte ihn zu seinem Handelsbeauftragten. Der 53-Jährige, dessen Vater in Berlin geboren wurde, kennt Europa gut. Zu angeblich schlechteren US-Standards meint er: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir nicht Babys füttern mit Chemikalien, die wir nicht vorher getestet haben."

Daniel Mullaney: Der Handelsprofi arbeitet bei TTIP als rechte Hand von Froman. Sein Vorteil: Er war von 2006 bis 2010 als US-Diplomat in Brüssel.

Cecilia Malmström: Liberale Schwedin, mehrsprachiger Europa-Profi. Die EU-Handelskommissarin, seit Ende 2014 im Amt, packt TTIP mit deutlich mehr Fingerspitzengefühl an als ihr belgischer Vorgänger Karel de Gucht. Die 47-Jährige wundert sich über den großen Widerstand in Deutschland. Kein anderes Land in Europa würde mehr von TTIP profitieren, meint sie.

Ignacio Garcia Bercero: Der Spanier mit über 25 Jahren Brüssel-Erfahrung ist als EU-Chefunterhändler bei TTIP der Mann fürs Grobe. Wenn er nicht mit Mullaney feilscht, tourt er durch ganz Europa, um Ängste abzubauen.

Als Blaupause für TTIP gilt das bereits ausgehandelte Abkommen Ceta ("Comprehensive Economic and Trade Agreement") zwischen Europa und Kanada. Der Text muss nun noch vom EU-Parlament genehmigt werden. Zuvor muss ein EU-Ratsbeschluss fallen. Erst danach dürfen die Parlamente der Mitgliedstaaten über das Abkommen abstimmen.

Schon früh setzten Nationalstaaten auf Handelsbündnisse. 1960 schufen Großbritannien, Norwegen, Schweden, Dänemark, Portugal, Österreich und die Schweiz als Gegenstück zum EU-Vorläufer EWG (später EG) die Europäische Freihandelsassoziation Efta. Mit dem Beitritt von Efta-Mitgliedern zur EG verlor das Bündnis aber an Bedeutung. Heute gehören ihm noch Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein an.

Nach der Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes setzte die EU zunehmend auf Handelserleichterungen mit Partnern in anderen Kontinenten. Als erste Vereinbarung mit einem asiatischen Land trat 2011 ein EU-Freihandelsabkommen mit Südkorea in Kraft, 2012 mit Singapur. Seit 2013 verhandelt die EU mit Japan über ein Abkommen.

Auch in anderen Teilen der Erde koordinieren Staaten ihre Volkswirtschaften. Der 1991 gegründete "Gemeinsame Markt des Südens" (Mercosur) ist ein südamerikanischer Wirtschaftsverbund. Die USA, Kanada und Mexiko vereinbarten 1994 das Nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta. 2010 vollendeten sechs Länder der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean die Freihandelszone Afta.

Rund um den Pazifik arbeiten heute 21 Staaten in der 1989 gebildeten Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) zusammen, um den Freihandel voranzutreiben. Dazu gehören die USA, Kanada, China, Japan, Südkorea, Indonesien und Russland. Die USA und elf Staaten - aber nicht China - einigten sich im Oktober 2015 zudem auf die Freihandelszone Transpazifische Partnerschaft (TPP). (jk)