EU-US-Freihandelsabkommen: Merkel will TTIP unverzüglich abschließen, Seehofer droht mit Veto

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter auf einen zügigen Abschluss des Freihandelsabkommens TTIP drängt, droht CSU-Chef Horst Seehofer wegen "mangelnder Transparenz" mit einem Veto gegen den Vertrag.

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TTIP is hope

Die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" bewirbt während der Anti-TTIP-Demo in Hannover das Freihandelsabkommen.

(Bild: heise online / Sascha Steinhoff)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht auch nach den "TTIP Leaks" unverändert auf einen raschen Erfolg der Verhandlungen zwischen EU und USA. "Wir halten den zügigen Abschluss eines ehrgeizigen Abkommens für sehr wichtig", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Dies sei "einhellige Meinung" der gesamten Regierung. Die Kanzlerin habe ihre Position bereits beim jüngsten Besuch von US-Präsident Barack Obama bei der Hannover Messe deutlich gemacht.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Das Handelsabkommen TTIP sei eine große Chance, die Globalisierung zu gestalten. Die Exportnation Deutschland sei wie kaum eine andere Volkswirtschaft auf einen freien Welthandel angewiesen. Jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland hänge davon ab, erläuterte Seibert. Die Echtheit der von Greenpeace im Internet veröffentlichten Dokumente zum Verhandlungsstand zwischen Washington und Brüssel könne er nicht bestätigen. Er kenne diese Papiere nicht, betonte Seibert.

Grundsätzlich fügte Seibert zu den in den "TTIP Leaks" dokumentierten US-Forderungen an: "Verhandlungspositionen sind keine Verhandlungsergebnisse." Es sei normal, dass beide Seiten ihre Interessen durchsetzen wollten. Deutschland werde keine Absenkung von Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards akzeptieren.

Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der bei TTIP die Federführung hat, erklärte: "Es wird kein Hormonfleisch geben." Die EU werde auch die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel nicht ändern. Schutzstandards für Mensch, Tiere und Umwelt würden durch TTIP nicht infrage gestellt, ebenso wenig das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip.

CSU-Chef Horst Seehofer droht dagegen mit einem Veto gegen das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen TTIP, sollte es nicht vollständige Offenheit über den Inhalt geben. "Ich habe immer gesagt: Solange bei TTIP keine Transparenz hergestellt wird, solange man als verantwortlicher Politiker gar nicht weiß, was da alles verhandelt wird und welcher Interessensausgleich erfolgt, werde ich kein grünes Licht für TTIP geben als Parteivorsitzender", sagte Seehofer. "Hier muss Öffentlichkeit hergestellt werden. Und dann kann man sagen: Jawohl, das geht - oder geht nicht", sagte der Ministerpräsident.

Seehofer betonte, prinzipiell sei es immer im Interesse von Deutschland und von Bayern, dass es Handelsabkommen gebe – zumal die Bedeutung des Welthandels immer weiter zunehmen werde. Aber wenn die aktuellen Medienberichte korrekt seien, dann sei die Haltung sehr begründet, dass man erst über den Inhalt Bescheid wissen müsse.

Seehofer warnte insbesondere vor Abstrichen bei den Verbraucherschutz-Standards. "So haben wir uns das eigentlich nicht vorgestellt", sagte er auf eine entsprechende Frage und betonte: "Mir liegt daran, dass die hohen Verbraucherschutzstandards erhalten bleiben. Das ist für die Deutschen ein sehr wichtiger Wert." Einem fertigen Handelsabkommen müsste auch der Bundestag zustimmen.

Die EU-Kommission wies Vorwürfe zurück, durch TTIP könnten der Umwelt- und Verbraucherschutz ausgehöhlt werden. Das Schutzniveau für Verbraucher, Lebensmittelsicherheit oder Umwelt werde durch ein neues EU-Handelsabkommen nicht sinken, versicherte die verantwortliche Kommissarin Cecilia Malmström.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte, die EU betrachte ihre Standards - etwa bei der Lebensmittelsicherheit - nicht als "Tauschobjekt gegen gemeinsame Technikstandards". (jk)