Neue Hilfe für Spielsüchtige und Angehörige im Internet

Mit fünf Mark am Spielautomaten in der Kneipe sein Glück zu versuchen, scheint ein ganz harmloses Vergnügen zu sein. Aber Spielen kann auch zur Sucht werden.

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Von
  • Heike Wells
  • dpa

Mit fünf Mark am Spielautomaten in der Kneipe sein Glück zu versuchen – das scheint ein ganz harmloses Vergnügen zu sein. Aber Spielen kann auch zur Sucht werden. Hilfe finden Betroffene und Angehörige jetzt im Internet: Das Fachkrankenhaus in Bredstedt (Kreis Nordfriesland) hat nicht nur eine Informationseinheit ins Netz gestellt, sondern auch ein Forum zum Thema eröffnet – einen Online-Treffpunkt, der von einem erfahrenen Therapeuten betreut wird.

Informationen zum Thema Glücksspielsucht gebe es im Internet bereits, sagt der leitende Therapeut der Suchtabteilung in Bredstedt, Günter Mazur. In Form des direkten Austausches aber, als echtes Forum, sei dies nach seiner Kenntnis einmalig in Deutschland und offenbar notwendig: Die Zahl der Menschen, die sich wegen unkontrollierbarem Spielverhalten an Beratungsstellen und Behandlungseinrichtungen wenden, steige stetig. Rund 8.000 direkt Betroffene allein für Schleswig-Holstein vermutete schon der Suchthilfebericht 1995.

Ein Problem seien für über 90 Prozent der Süchtigen die nahezu überall verfügbaren "Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit" – so die juristische Definition der Geräte, die rechtlich nicht einmal unter die Glückspiele fallen. Um welche finanziellen Größenordnungen es dabei geht, zeigt eine Zahl aus dem Glückspielsucht-Hilfekonzept für Schleswig-Holstein: Schätzungen des Institutes für Wirtschaftsförderung zufolge wurden mit dem "Spiel um Groschen" allein im Jahr 1997 an bundesweit 235.000 Automaten rund elf Milliarden Mark umgesetzt.

In Schleswig-Holstein ist das Fachkrankenhaus Bredstedt eine der wenigen Anlaufstellen, die sowohl Beratung als auch stationäre Therapie anbieten, und zwar bereits seit 1985. Mit eigener Homepage ist das Haus seit zwei Jahren im Internet vertreten; der Schritt hin zu eine interaktiven Info-Einheit zum Thema Glückspielsucht war da nach Günter Mazurs Einschätzung "nur folgerichtig".

"Niedrigschwellig" nennen Fachleute eine solche Hilfe: Sie ist leicht zugänglich (für Menschen mit Internet-Anschluss); psychologische und verwaltungstechnische Hürden sind kaum zu überwinden. Und schon die Resonanz nach nur gut einem Monat Betrieb zeigt den Bedarf: Weit über 50 Anfragen gab es nach Aussage von Mazur, noch bevor das Forum überhaupt publik geworden war.

Jetzt soll dafür bei allen, die die Kontrolle über ihr Spielverhalten verloren haben, bei Angehörigen und Interessierten geworben werden. Neben dem Forum selbst enthält die Internet-Präsentation des Fachkrankenhauses eine Einführung in die Problematik aus der Sicht eines Spielers und Hinweise zu Beratung und Therapie.

Das Forum selbst sei zudem nicht nur als Einstiegshilfe für Betroffene gedacht, sondern auch als Nachsorge-Angebot für ehemalige Patienten, meint Mazur. Denn in Bredstedt werden Spielsüchtige aus ganz Norddeutschland stationär aufgenommen. Auch nach ihrer Entlassung können sie jetzt eine direkte Verbindung zu ihrer Therapieeinrichtung halten. (Heike Wells, dpa) ()