Fair Use oder nicht: Google und Oracle prozessieren wieder über Java-Code in Android

Diese Woche geht eine erneute Runde der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Google und Oracle über die Bühne. Oracle will eine Entschädigung für einen vermeintlichen Schaden von 9,3 Milliarden US-Dollar

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 66 Kommentare lesen
Fair Use oder nicht: Google und Oracle prozessieren wieder über Java-Code in Android
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Alexander Neumann
Inhaltsverzeichnis

Der langjährige Streit zwischen Oracle und Google über Verletzungen von Patent- und Urheberrechten durch den Java-Code im Betriebssystem Android geht in eine neue Runde. Denn diese Woche kommen die beiden Widersacher in San Francisco erneut vor Gericht zusammen. Die zehnköpfige Jury ist neu, jedoch leitet mit William Alsup der schon früher mit dem Fall betraute Bezirksrichter die Verhandlung.

Dieser hatte einst im Rechtsstreit den Vorwurf zurückgewiesen, dass mit der Übernahme von 37 Java-APIs in Android Urheberrechte verletzt würden. Allerdings hatte das US-amerikanische Bundesberufungsgericht in der Folge sein Urteil aufgehoben und das Verfahren war, nachdem Google beim obersten Gerichtshof mit einer Petition über die Beurteilung der Fair-Use-Klausel gescheitert war, an das Bezirksgericht zurückgegeben worden.

Es ist mittlerweile sechs Jahre her, dass Oracle Google verklagt hatte; erst kurz zuvor war Oracle durch die Übernahme von Sun Microsystems in den Besitz der Patente und Rechte um Java gekommen. Der Datenbankriese sieht nun einen Schaden von 9,3 Milliarden US-Dollar, was der zehnfachen Summe des ursprünglich veranschlagten Schadens entspricht. Dafür wird zum einen ein tatsächlicher Schaden von mehr als 400.000 Dollar durch fehlende Lizenzeinnahmen infolge der Entwicklung von Android zu Felde gebracht. Denn frühere, auf dem klassischen Java basierende Geräte verkauften sich infolge der Einführung von Android nicht mehr.

Den Rest beziffert Oracle zum anderen als Googles Profit durch das mobile Betriebssystem, das in drei Milliarden aktivierten Android-Smartphones zu finden sei, ganz zu schweigen davon, dass das System auch in vielen anderen Bereichen zu finden ist. Hier werden Einnahmen durch Anzeigenerlöse sowie Apps, Spiele und andere Inhalte via Android Market beziehungsweise Google Play errechnet. Hier sehen die Oracle-Vertreter vor Gericht einen Gesamtgewinn von 42 Milliarden Dollar, den Google über Android eingefahren habe.

Googles Strategie zielt mittlerweile darauf, ein Fair-Use-Urteil zu erreichen. Das hätte zur Folge, dass die Geldstrafe geringer ausfallen würde, als wenn sich das Gericht für eine Urheberrechtsverletzung ohne Fair Use aussprechen würde. Deswegen bringt der Internet-Konzern wieder die frühere Argumentation ins Spiel, dass man Oracles APIs mit den eigenen vermengt, also nicht im klassischen Sinn weiterverwendet habe. Denn mit den ursprünglichen APIs sei man nicht in der Lage gewesen, ein Betriebssystem wie Android zu bauen. Das soll auch die Äußerung von Googles Anwalt Robert Van Nest untermauern, dass der diskutierte Quellcode weniger als ein Zehntel des Gesamt-Codes ausmache.

Den Fair-Use-Vergleich sieht Oracle als faule Ausrede an. Als Argument für die Wichtigkeit der über 10.000 Zeilen Quellcode, über die geurteilt wird, brachte Peter Bicks, Anwalt von Oracle, als historisches Argument vor, dass der Mondlander der Apollo-Raumfähre mit ebenfalls rund 10.000 Codezeilen gelandet sei. Fair Use erlaubt das Kopieren unter bestimmten Umständen.

Vor Gericht musste nun auch Eric Schmidt aussagen, der in den Fall als früherer CEO von Google verwickelt ist. Seiner Meinung nach habe Google Android selbst entwickelt und Java als Sprache inklusive ihrer APIs zu jeder Zeit als frei verfügbar angesehen. Bei Google habe man damals geglaubt, die Sprache ohne Lizenz von Sun implementieren zu können. Das habe auch für die APIs gegolten.

Als Google mit der Entwicklung von Android auf Basis der freien Apache-Harmony-Implementierung begonnen hatte, war Java gerade erst zur Open-Source-Software geworden. Das bezog sich aber nicht auf die für mobile Systeme relevante Java ME (Java Micro Edition). Pikanterweise war Schmidt mal Sun-Angestellter gewesen, bevor er erst zu Novell und dann 2001 zu Google wechselte. Der damalige Sun-Chef Jonathan Schwartz hatte Android zu Anfang sogar begrüßt.

Mittlerweile arbeitet Google an einer neuen Version des mobilen Betriebssystems, die nicht mehr auf dem veralteten Harmony-Code basiert, sondern das jüngere und lizenzrechtlich unverfänglichere OpenJDK nutzt. Aber auch dazu ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen, möchte man aufgrund der langjährigen Auseinandersetzung meinen. (ane)