Solarthermie: Hoffen auf China

Bislang kommt die Technik, bei der Sonnenkraft in thermische Energie umgewandelt wird, in westlichen Ländern wie den USA nur schleppend voran. Die Regierung in Peking schafft nun einen neuen Markt.

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Von
  • Richard Martin

Der Solarthermieentwickler SolarReserve hat im Nordamerikageschäft derzeit zu kämpfen. Doch das Unternehmen aus dem kalifornischen Santa Monica schöpft Hoffnung in einem neuen, spannenden Markt: Der größte Kohleproduzent Chinas, die Shenhua Group, will im Rahmen einer großen Initiative zum Partner werden.

Ein in diesem Frühjahr abgeschlossener Vertrag soll in den kommenden Jahren zu einer installierten Solarthermiekapazität von 1000 Megawatt führen – ein wichtiger Schritt hin zu einer verringerten Abhängigkeit des Riesenreichs von der Kohleverstromung, hofft man bei den Partnern.

Solarthermieanlagen nutzen üblicherweise Tausende von Spiegeln, die die Sonnenstrahlen auf einen zentralen Turm konzentrieren. Dort wird dann eine Flüssigkeit erhitzt, um Dampf zur Stromerzeugung zu produzieren. Die Motorspiegel, die man auch Heliostat nennt, verfolgen die Bahn der Sonne automatisch über den Tagesverlauf. Die Technik wurde über Jahre als "Solarenergie der nächsten Generation" gefeiert. In Ländern wie den USA kommt sie aber trotzdem nicht voran. Dort gibt es unter anderem Proteste von Umweltschützern, die fürchten, dass viele Vögel aufgrund der Anlagen zu Schaden kommen könnten (jüngste Untersuchungen halten diese Zahlen allerdings für übertrieben).

Die hohen Kosten der Solarthermie im Vergleich zu den immer billiger werdenden Solarzellen bremst die Technik zusätzlich aus, was dazu führte, dass es kaum noch neue Projekte in den USA gibt. In energiehungrigen Ländern wie China, wo es an kostengünstigeren Energiequellen wie Erdgas fehlt, hat Solarthermie dagegen neue Chancen.

Die chinesische Regierung plant, bis 2020 Solarthermiekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 10.000 Megawatt aufzubauen. Laut einer Untersuchung der Fachwebsite CSP World sind derzeit 16 Anlagen geplant oder im Bau. Allerdings sind nur Pilotkraftwerke aktuell am Netz – mit einem Megawatt oder weniger.

Das SolarReserve-System ist für chinesische Betreiber besonders interessant, weil es als Energiespeichermedium Schmelzsalze verwendet, die von den konzentrierten Sonnenstrahlen auf über 530 Grad Celsius erhitzt werden. Dies erlaubt es dem Kraftwerk, auch dann noch Strom zu erzeugen, wenn traditionelle erneuerbare Energieformen wie Solarzellen oder Windkraftanlagen nicht laufen (Nacht, Windstille). Zudem können die Schmelzsalze Energie aus dem Stromnetz aufnehmen und zwischenspeichern.

Bislang sei der chinesische Markt für die Erneuerbaren beherrscht gewesen von Photovoltaik und Windkraft, sagt SolarReserve-Chef Kevin Smith. "Aber den Chinesen ist jetzt klargeworden, dass das nur ein Teil der Lösung ist."

Die Nachfrage nach sauberer Energie wächst in China signifikant. Laut den Pariser Klimaverträgen will das Land bis 2030 20 Prozent seines Stroms aus den Erneuerbaren beziehen. Derzeit kommt der Strom noch zu 60 Prozent aus Kohle. Und ob ein Land, in dem bis vor kurzem Millionen Heime noch mit simplen Kohlenpfannen beheizt wurden, wirklich bereit ist für eine so komplexe Stromerzeugung wie die Solarthermie, bleibt abzuwarten.

Der Vertrag zwischen SolarReserve und Shenhua Group ist derzeit noch nicht sehr konkret. Die Anzahl und Größe der individuellen Projekte, die die erwähnten insgesamt 1000 Megawatt ergeben, wurde noch nicht festgelegt. Die Amerikaner wollen zudem nicht sagen, wie viel eine Megawattstunde in der Erzeugung kosten wird. Die Installationen sollen im trockenen Zentralchina entstehen, was bedingt, dass eine Leitungsinfrastruktur gebaut werden muss, um den Strom in die Städte an der Küste zu transportieren. Dennoch: SolarReserve-Entwicklungsvizepräsident Tom Georgis ist sich sicher, dass die "robusten Sonnenressourcen" sowie Höhenlagen in Chinas dunnbesiedelten inneren Regionen "Ideal" für die auf Schmelzsalzen basierende Solarthermie seien.

Idealer sogar als die Vereinigten Staaten? Andere internationale Projekte von SolarReserve und seinem Konkurrenten BrightSource Energy sind in Chile, Südafrika und Israel am Start. Was in den USA nicht funktioniert, klappt vielleicht im Rest der Welt. (bsc)