Polizeiliche Kriminalstatistik: Volksverhetzung im Web nimmt stark zu

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik weist überwiegend einen Rückgang von Straftaten aus, die über das Internet begangen wurden. In einzelnen Deliktsbereichen wie der Volksverhetzung ist die Entwicklung aber gegenläufig.

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Polizeiliche Kriminalstatistik: Volksverhetzung nimmt stark zu

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (l.) und der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, der saarländische Innenminister Klaus Bouillon

(Bild: bmi.bund.de)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat die Polizeiliche Kriminalstatistik für das Jahr 2015 vorgestellt. Einen auffällig starken Anstieg gab es demnach bei Ermittlungen wegen Volksverhetzung mit dem "Tatmittel Internet": Hier stieg die Zahl der bearbeiteten Fälle um 138 Prozent von 754 im Jahr 2014 auf 1798 Fälle im Jahr 2015 an. Eine ähnliche Schwankung war bereits 2012 und 2013 festzustellen. Auffallend stark entwickelte sich mit einem Plus von 19 Prozent die politisch motivierte Kriminalität. Die politisch motivierten Gewalttaten nahmen um 30 Prozent auf insgesamt 4400 zu, die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte stiegen um das Fünffache.

(Bild: BMI / Christiane Schulzki-Haddouti)

De Maizière beklagte in diesem Zusammenhang eine "Verrohung der Gesellschaft: "Übelste Gossensprache" werde nicht nur im Internet, sondern auch zunehmend auf der Straße benutzt. Die Polizei gehe diesen Fällen dann nach, wenn das Opfer eine Anzeige erstattet. "Mit Polizei allein lässt sich diese Verrohung nicht bekämpfen", sagte de Maizière und, dass eine "kommunale präventive Arbeit gemeinsam mit der Bürgergesellschaft" wichtig sei.

Die klassischen Cyberstraftaten sind im Jahr 2015 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zurückgegangen. So gingen die Fälle, in denen Daten ausgespäht und abgefangen wurden, um 19 Prozent zurück. Die Fälle, in denen Daten verändert oder sabotiert wurden, gingen sogar um 38 Prozent zurück. Im selben Zeitraum ging jedoch die Zahl der Straftaten nach den Datenschutzgesetzen von Bund und Ländern nur um 5 Prozent zurück.

Eine ganz andere Entwicklung zeigt sich hingegen beim Cybergrooming, der Anmache von Kindern und Jugendlichen über das Netz: Auch im vergangenen Jahr nahm die Zahl der Fälle erneut zu, wenn auch dieses Mal nur um 3 Prozent. Dabei nahm die Zahl insbesondere bei den kindlichen Tätern sogar um 16 Prozent zu. Die Zahl der männlichen Tatverdächtigen legte in allen Altersstufen zu.

Der saarländische Innenminister Klaus Bouillon (CDU) sprach sich dafür aus, "alle modernen Techniken, die da sind, im Interesse der Bevölkerung einzusetzen." Insbesondere solle der Einsatz von Videoüberwachung diskutiert werden, der von den Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt werde. Die Länder wollen zudem Erfahrungen im Einsatz von Kriminalitätsprognoseprogrammen ("Precops") austauschen, die derzeit erst in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zum Einsatz kommen.

Bouillon beklagte, dass die IT-Systeme der Länder, die sich mit der Fallbearbeitung der 2015 stark angestiegenen Wohnungseinbrüche befassen, nicht kompatibel sind. So müssten die Daten zwischen den Ländersystemen teilweise händisch übertragen werden, was Zeit und Personal koste. Auch erwähnte Bouillon, dass eine Europol-Datei kaum genutzt werde, weil die Datenverarbeitungsstandards der europäischen Mitgliedstaaten so unterschiedlich seien. Eine verstärkte Kooperation mit den Nachbarländern sei aber angesagt, da 40 Prozent der Täter aus dem Ausland stammen. Vielfach handele es sich um reisende Tätergruppen aus Südosteuropa. (anw)