Im Internet ist (keine) Musik: Liedtexte gehen offline

Inzwischen müssen immer wieder Webseiten mit Liedtexten vom Netz - aber selbst Sites mit Gitarren-Grifftabellen geraten ins Visier der Musikindustrie.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Peter Monnerjahn

Die Auseinandersetzungen um Urheberrechte und deren Verletzungen im Internet ziehen immer weitere Kreise: Inzwischen müssen auch immer wieder Webseiten mit Liedtexten die urheberrechtlich geschützen Werke vom Netz nehmen. Eines der prominentesten Beispiele der jüngsten Zeit: Die kanadische Site LyricFind.com. Firmenchef Darryl Ballantyne hat vor kurzem entschieden, bis zur Klärung der lizenzrechtlichen Fragen mit den Verwertungsgesellschaften alle urheberrechtlich geschützten Liedtexte vorerst nicht mehr zu veröffentlichen.

Doch nicht nur Webseiten mit Liedtexten sind bedrohte Spielarten der Musikverbreitung im Internet, auch etwas weniger naheliegende Fälle sind schon seit längerem Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Die Musikindustrie hat ihr findiges Auge nämlich auch auf Webseiten geworfen, die von bekannten Liedern Grifftabellen für Gitarrenfans ins Netz stellen, wie beispielsweise OLGA, das "On-Line Guitar Archive".

Entstanden aus Usenet-Newsgroups, bietet OLGA die passenden Handgriffe zum Nachspielen beliebter Titel. Da dadurch aber praktisch das urheberrechtlich geschützte Werk repräsentiert wird, hat die Musikindustrie Vergütungsansprüche angemeldet, über deren Berechtigung und eventuelle Höhe zur Zeit verhandelt wird. In diesem Fall allerdings glauben die OLGAraner das Recht auf ihrer Seite zu haben, denn das US-Urheberrecht erlaubt ausdrücklich die kostenlose Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke zu nicht-kommerziellen Bildungszwecken. Genau das nimmt OLGA für sich in Anspruch: Nicht nur werde vielen Menschen erst durch OLGA ermöglicht, bestimmte Stücke spielen zu lernen – ganz abgesehen von der Arbeit, die ja die User selbst in die Erstellung der Grifftabellen investieren –, sondern man sorge durch die Verbreitung der Musik schließlich auch für eine größere Nachfrage, über die die Musikindustrie eigentlich froh sein sollte.

Ebenfalls ins Kreuzfeuer der Musikmultis geraten sind Webseiten, die als Kaufanreiz für Online-Musik 30-Sekunden-Ausschnitte aus den Stücken anbieten. Auch für diese "Aufführungen" möchte die Industrie entlohnt werden. Auch wenn viele der Webseiten selbst grundsätzlich für eine Vergütung sind und entsprechende Lizenzzahlungen leisten wollen, so häufen sich doch angesichts mancher Maßnahmen der Labels die Stimmen unter den Usern, die die Musikindustrie zunehmend der Habgier bezichtigen. (pmo)