building IoT: Von Mausefallen bis Machine-to-Machine-Kommunikation

Als treibende Kraft des IoT häufig übersehen, konnten sich Softwareentwickler bei der ersten building IoT über Protokolle, Best Practices aus dem Smart-Home-Bereich, Industrie 4.0, Zukunftsszenarien und Sicherheit austauschen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jana Behr
Inhaltsverzeichnis

Sowohl die Vision des sprechenden sich selbst nachfüllenden Kühlschranks als auch voll automatisierte Smart-Home-Systeme und mit Sensoren ausgestattete Mausefallen gehören zum vielseitigen Internet of Things (IoT). Doch nicht nur das Heim kann von Vernetzung profitieren, im Umfeld der Industrie 4.0 ergeben sich durch das IoT zunehmend neue Geschäftsbereiche.

Auf der building IoT, die am 9. und 10. Mai in Köln stattfand, nutzten rund 200 Softwareentwickler die Gelegenheit, sich über den aktuellen Stand der Entwicklungen im Internet der Dinge informieren. Insgesamt 46 Referenten gaben in 36 Vorträgen einen Überblick über potenzielle Programmiersprachen, die gängigsten IoT-Protokolle und erfolgreiche Praxisbeispiele. Am zweiten Tag rankte sich zudem alles um das Schwerpunktthema Sicherheit.

Ohne zu viel vorwegnehmen zu wollen: Trotz der sehr technischen und derzeit teilweise doch noch theoretischen Materie kam man nicht umhin, das Potenzial des Internets der Dinge anhand der inspirierten und motivierten Spannung in der Luft regelrecht zu spüren. Das IoT ist immerhin einer der wenigen Bereiche, in denen noch regelrechte Pionierarbeit möglich ist.

Andy Stanford-Clark sieht private Projekte als Innovationsmotor.

Inhaltliche Highlights waren auf jeden Fall die beiden Keynotes. Die Konferenz eröffnete Andy Stanford-Clark (Videomitschnitt der Keynote), unter anderem leitender Ingenieur im globalen IoT-Team von IBM. Zudem ist er Mitentwickler von MQTT, einem der derzeit meistgenutzten IoT-Protokolle. In seinem kurzweiligen Vortrag zeigte Stanford-Clark wie ihn auch seine Leidenschaft für Haustechnik zum Experten im IoT-Bereich machte. So entwickelte er schon vor 15 Jahren erste Energiesparanwendungen und hat seitdem unter anderem ein Mausefallen-Alarm-System ausgeklügelt. Spannend schilderte er zudem die Geschichte hinter einem von ihm entwickelten Monitoring-System für den Fahrplan der Fähren der Isle of Wight, seinem Wohnort. Dank ihm können Nutzer den Fahrplan über Twitter in Echtzeit verfolgen und wissen immer, ob die Fähren pünktlich fahren.

Für Stanford-Clark steht fest, dass die Grundlage des Internets der Dinge die Daten sind. Diese gilt es zu sammeln und intelligent zu instrumentieren, also entsprechende Aktionen bei Maschinen beziehungsweise Sensoren auszulösen. Um das in Zukunft noch besser zu bewältigen, gälte es, durch die Kombination analytischer Fähigkeiten mit IoT-Daten die Intelligenz kognitiver IoT-Produkte zu erhöhen. Dazu sei es etwa nötig, die Spracherkennung zu verbessern, Bild-, Audio-, und Video-Erkennung sowie die Textanalyse zu optimieren und an der Lernfähigkeit von Maschinen zu arbeiten.

Das Schwimmen mit Haien ist für Joshua Corman ein passendes Sinnbild, wenn es um IoT und Sicherheit geht.

Die zweite Keynote bestritt Joshua Corman (Videomitschnitt der Keynote), einer der Gründer der Entwicklervereinigung "I am the Cavalry" und Direktor der Cyber Statecraft Initiative von Atlantic Council. Laut Corman würden jeden Tag Unternehmen gehackt und es wäre nur zum Teil möglich, die Sicherheitslücken zu schließen. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet der Dinge stiege die Gefahr allerdings exponenziell. Es gehe dabei nicht unbedingt nur um die Frage, welche Kosten durch einen Angriff entstünden, sondern bei einer Attacke, zum Beispiel auf ein Krankenhaus, um Menschenleben.

Für Corman geht es nicht darum, ob ein Gau passieren kann, sondern darum, wie man ihn bewältigt. Unsichere Software sei wie ein Virus, der sich über die Welt verteilt. Dem könne nur durch mehr Strukturen und Standards Einhalt geboten werden. Weitere Empfehlungen seien zum Beispiel sich nicht allein auf kostenlose Software zu verlassen, regelmäßige Updates, Segmentierung und Isolierung von Produkten und Komponenten. Es gehe dabei nicht darum, Ausfälle zu verhindern, sondern immer sicherer zu werden. Das bedürfe aber der Mitarbeit aller.

Zu den weiteren Vorträgen gehörte zum Beispiel "Das Internet der Dinge aus Architekturperspektive" von dem bei Siemens tätigen Michael Stal. In ihm zeigte er auf, dass es bei IoT nicht nur um den Smart-Home-Bereich und sich unterhaltende Kühlschränke gehe, sondern vor allem um den Einsatz im Industrie-4.0-Umfeld. Er stellte den Bezug zu Architekturkonzepten her, die er anhand von Case Studies erläuterte.

Zum Beispiel berichtete er von an Containern angebrachten Sensoren, die jede vom normalen Umfang abweichende Bewegung melden – etwa den Fall vom Schiff. Auch das Erkennen von Parklücken oder von Gefahren im Straßenverkehr gehören dazu. Besonders spannend: Future Automation; durch Machine-to-Machine-Kommunikation ist es so zum Beispiel auch möglich, dass in einer Fertigungslinie mehrere Wagentypen gleichzeitig hergestellt werden. Aus der architektonischen Perspektive gelte es, sich die Topologien der Produkte genau anzusehen, die Skalierbarkeit zu beachten und Systemhierarchien so flach wie möglich zu halten. Letztlich gehe es auch darum, Verbindungsabbrüche zu vermeiden, das Management von Geräten und Systemen, intelligente Gateway-Konzepte und auch das Device-Management zu optimieren.

Boris Adryan hingegen zeichnete ein Szenario aus dem Jahr 2020 auf, in dem ein digitaler Assistent den User früher als geplant weckt, da ein Unwetter naht. Um trotzdem einen wichtigen Termin wahrnehmen zu können, hat der Assistent seinen Nutzer auf einen früheren Flug umgebucht. Spannend war das Aufzeigen der Herausforderungen, die bis zur Umsetzung noch zu bewältigen sind. Darunter fällt etwa das Analysieren der Daten durch Algorithmen des maschinellen Lernens und die Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz, um sinnvolle und zuverlässige Handlungsempfehlungen zu generieren.

Candid Wüest von Symantec griff das Sicherheitsthema auf und stellte die unterschiedlichen Motivationen von Cyber-Attacken vor. Gemeinsames Ziel sei stets der Profit. Wüest zeigte an Beispielen, dass derzeit so gut wie jedes IoT-Device hackbar ist. Insbesondere in Ransomware auf mobilen Devices, Clickjacking oder Malware sah der Experte große Gefahren. Zum Glück ließen sie sich in Zukunft zum Teil durch integrierte Sicherheitsprotokolle wie TLS reduzieren. Andere Sicherheitsmaßnahmen: regelmäßige Systemanalysen, der sorgsamere Umgang mit der Anbindung ans Internet oder ein eingebauter Reset-Modus.

Besonders positives Feedback gab es zu den zwölf Thementischen am Ende des ersten Konferenztages. Dort konnten sich die Teilnehmer mit einem Moderator zu speziellen Schwerpunkten noch einmal intensiver austauschen. Hier waren unter anderem MQTT, Security, Industrie 4.0, Smart Home und Java gefragt, aber auch Themen wie Minecraft trifft IoT waren vertreten.

Fragt man die Teilnehmer, hat die Erstauflage der von iX, heise Developer und dpunkt.verlag ausgerichteten building IoT die Erwartungen übertroffen. Eine Neuauflage ist also sicher.

Jana Behr
ist freie IT-Redakteurin.
(jul)