Ministerin: "Beim digitalen Unterricht ist noch Luft nach oben"

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig zeigte sich auf der ersten "Teenageinternetwork Convention" (Tincon) besorgt, dass sich die soziale Kluft auch in der Digitalisierung niederschlage. Fürs digitale Klassenzimmer seien aber die Länder zuständig.

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Bundesjugendministerin: "Beim digitalen Unterricht ist noch Luft nach oben"

(Bild: Stefan Krempl)

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"Wann werden Schulen endlich digitaler und medienkompetenter?", lautete eine der ersten Fragen, die Teilnehmer der ersten Tincon am Freitag in Berlin an Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig stellten. "Beim Thema digitaler Unterricht ist noch Luft nach oben", räumte die SPD-Politikerin gegenüber dem jugendlichen Publikum ein. Sie habe auf der jüngsten Kabinettsklausur auf Schloss Meseberg Anfang der Woche gegenüber ihren Ministerkollegen deutlich gemacht, dass sich hier "dringend was tun muss". Es gehe zwar nicht darum, dass "jeder ein iPad hat", führte Schwesig aus. Aber "kompetente Lehrer" und "wirklich interessanter Unterricht" ohne verstaubte Computerlabore seien wichtig. Letztlich bestimmten aber die Bundesländer, "was in der Schule los ist". Der Bundesregierung seien weitgehend die Hände gebunden.

Familienminsterin Schwesig erklärt die Länder als zuständig für digitale Klassenzimmer und ermuntert die Jugend, sich auf lokaler Ebene einzubringen.

(Bild: Stefan Krempl)

Schwesig ermunterte daher die Heranwachsenden, sich auf lokaler Ebene einzubringen: "Es ist nicht so, dass man nichts bewegen und verändern kann. Ihr habt eigentlich eine große Macht." Skeptisch zeigte sich die Sozialdemokratin gegenüber einem Grundeinkommen für alle, das für eine der Fragestellerinnen bereits eine ausgemachte Sache scheint. Für sie passe es noch nicht zusammen, dass entsprechende Gelder auch an die fließen sollten, "die gut bezahlt werden". Die Mittel müsse ja erst einmal jemand erarbeiten. "Schauen Sie selbst YouTuber?", wollte eine andere Politikinteressierte wissen. "Mein Sohn ist 9, er weist mich auf Videos hin, auch auf das Musikstück zu Erdogan", erwiderte die Ministerin. "Ich twittere und mache die Dinge auf Facebook selbst." Ihr Haus agiere zudem etwa auf YouTube und in Blogs.

Die Tincon will das "allererste Festival für digitale Jugendkultur" sein. Die Organisatoren sind ein eingespieltes und bekanntes Team: Johnny und Tanja Haeusler von Spreeblick, die auch die in den vergangenen Jahren enorm gewachsene Internetkonferenz re:publica mitgegründet haben. Die Haueslers haben eigene Kinder und das Buch "Netzgemüse" rund um "Aufzucht und Pflege der Generation Internet" geschrieben. Das Themenspektrum des bis Sonntag dauernden Treffens reicht von praktischen und technischen Tipps etwa zum Musikmachen mit dem Smartphone oder zum Steuern von Robotern über Einführungen in den 3D-Druck und Virtual Reality bis hin zu Datenschutz, Verschlüsselung und Netzwerksicherheit. Nicht fehlen sollen Einblicke in die "dunkle Seite des Netzes", etwa mit Vorträgen über "Evil Memes". Abrunden sollen das Ganze Auftritte von Musikern und Poeten.

Insgesamt bestreiten rund 120 Redner und Mitwirkende auf der Tincon über 100 Vorträge, Workshops und sonstige Sitzungen. Dazu gehören YouTube-Größen wie Oguz Yilmaz, der bis Ende 2015 Teil des beliebten Comedy-Kanals Y-Titty war, oder der mit einem Heimwerker-Kanal bekannt gewordene Fynn Kliemann. Johnny Haeusler zeigte sich gegenüber dem rbb zuversichtlich, "dass das Festival am Samstag ausverkauft" sein könnte. Der Veranstaltungsort, das Haus der Berliner Festspiele in Kudammnähe, fasse maximal tausend Besucher pro Tag. Bei der Eröffnung war der Andrang aber noch überschaubar, einige Hunderte Besucher passten auf ein paar als Sitzgelegenheiten drapierte Kisten auf der Bühne des einstigen Theaters. Aber auch die re:publica hat bekanntlich klein angefangen.

Erwachsene haben erst am Sonntag ab 14 Uhr Zutritt.

(Bild: Stefan Krempl)

Erwachsene müssen bei der Tagung weitgehend draußen bleiben: Abgesehen von den Mitwirkenden auf der Bühne und Journalisten dürfen nur "Digital Natives" oder sonstige Netzinteressierte teilnehmen, die zwischen 13 und 21 Jahre alt sind. Wer älter ist, kann sich am Sonntag von 14 Uhr an auf die Tincon wagen. Vorher sind Eltern und Verwandte nur zu einzelnen Einführungen etwa zu "Snapchat für Erwachsene" zugelassen. Die Veranstalter wollen es so den Jugendlichen ermöglichen, "ihre Medien auf eigene Faust neu zu entdecken". Das Dreitageticket für die Konferenz kostet 25 Euro. Laut Haeusler werden damit die Kosten nicht gedeckt, sodass man auch auf Fördermittel angewiesen sei. Zu den Unterstützern gehören die Robert-Bosch-Stiftung, das "Junge Angebot von ARD und ZDF", das Familienministerium, das Medienboard Berlin-Brandenburg, die Zeit-Stiftung sowie Google. (ps)