Makerspace lässt Medizinprodukte im Krankenhaus entstehen

Krankenschwestern wissen am besten, was ihnen bei ihrer Arbeit gerade fehlt. Im John Sealy Hospital in der US-Stadt Galveston lädt eine Erfinderwerkstatt die Pflegekräfte zu eigenen Kreationen ein.

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Makerspace im Krankenhaus

(Bild: UTMB)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Anton Weste

Der Markt für Medizinprodukte ist riesig. In den USA setzt die Branche jährlich mehr als 100 Milliarden Dollar um. Trotzdem bleiben spürbare Lücken, weil Hersteller oft die konkreten Bedürfnisse von Patienten oder Pflegepersonal nicht im Blick haben. Im texanischen Galveston wurde deshalb erstmals in einem Universitätskrankenhaus eine Erfinderwerkstatt eingerichtet. Das berichtet die Juniausgabe von Technology Review (im Handel oder im heise shop erhältlich). Der Makerspace des John Sealy Hospital legt Design und Herstellung von medizinischen Artikeln in die Hände von Krankenschwestern und Pflegern. Sie wissen – so die Idee – am besten, was den Kranken hilft.

Direkt neben den Stationen gelegen, bietet die Werkstatt alles, um Ideen für neue Geräte und Arbeitsmittel zu realisieren. In Regalen stapeln sich Wachs, Klettverschlüsse, Stoffe und PVC-Elemente. Am Computer entworfene Modelle werden von 3D-Druckern gefertigt. Laserschneider, Schleifgeräte und Bohrmaschinen bringen die Kreationen in Form. Mit Mikrocomputern und Sensoren lassen sich elektronisch vernetzte Medizinprodukte herstellen. Ein Techniker unterstützt das Pflegepersonal bei den Projekten. Am Ende kann es die Kreationen vor einer Kamera vorstellen.

"Dinge zu modifizieren, liegt Krankenschwestern im Blut", sagt Anna Young vom International Design Center des Massachusetts Institute of Technology (MIT), die die Einrichtung angeregt hat. Die Ökonomin und Gesundheitsforscherin war inspiriert von Ad-hoc-Lösungen, die sie während einer Entwicklungskooperation in Nicaragua beobachtet hatte. Dort bastelten Krankenschwestern mit simpelsten Mitteln fehlende medizinische Gerätschaften. "Aber sie halten ihre innovativen Arbeiten für selbstverständlich, nichts, worüber man reden müsste", sagt Young. 2013 gründete sie die Initiative Maker Nurse, die mit modernen Makerspaces in Krankenhäusern die Do-it-yourself-Möglichkeiten für das Personal verbessern will.

Chefpfleger Jason Sheaffer hat im Makerspace ein mobiles Bad zum Spülen von Brandwunden gefertigt.

(Bild: UTMB)

MakerNurse betreibt mehrere mobile Werkstätten, die verschiedene Krankenhäuser versorgen. Weitere fest ein gerichtete Makerspaces wie in Galveston sollen folgen. Die Ergebnisse aus der Werkstatt in Galveston können sich sehen lassen. So erleichtert ein praktischer Pflegergürtel mit viel Stauraum für Verbände und Werkzeug den Dienst auf den Stationen. Eine smarte Pillenschachtel vermeldet per Sensor, wenn die Einnahme einer Dosis vergessen wurde. Ein aus einem Trinkbecher geschnittener Wundschutz hindert Kinder daran, ihre Verbände abzustreifen.

Jason Sheaffer, Chefpfleger der Station für Brandwunden, ist stolz auf sein mobiles Verbrennungsbad aus PVC-Rohren. Bislang mussten chemische Verbrennungen stundenlang manuell gewaschen werden. Sheaffers Erfindung spült die verbrannte Haut mit drei justierbaren Duschköpfen und ermöglicht den Pflegern, in der Zeit andere Aufgaben wahrzunehmen. "Scheint eine einfache Sache zu sein, aber allein wäre ich nie dazu gekommen, sie umzusetzen", sagt Sheaffer.

Dieser Text stammt aus der aktuellen Ausgabe des Technology Review, die jetzt im Handel erhältlich ist oder online im heise shop bestellt werden kann. (inwu)