Im Schatten Trumps: US-Parteien suchen IT-Wahlprogramm

Dieser Tage bereiten die US-Parteien ihre Wahlprogramme vor. Die Republikaner kämpfen damit, dass Trump so manchen potenziellen Großspender aus der IT verschreckt – zum Beispiel mit seinen Äußerungen über Einwanderer.

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Donald Trump

Er hat alle anderen republikanischen Bewerber abgehängt.

(Bild: Gage Skidmore CC-BY-SA 2.0)

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Inhaltsverzeichnis

Mit Ausnahme des Hauptstadtbezirks Columbia steigen am heutigen Dienstag die letzten US-Vorwahlen. Die designierten Präsidentschaftskandidaten der beiden großen US-Parteien stehen mit Hillary Rodham Clinton für die Demokraten und Donald John Trump für die Republikaner bereits fest. Die von ihnen zu vertretenden Wahlprogramme sind aber noch offen. Die Republikaner treffen sich deswegen dieser Tage mit Lobbyisten, auf deren spätere Spendierfreudigkeit sie hoffen. Doch der Spitzenkandidat verschreckt manche.

Frau Clinton bei einer Zeugenaussage im Unterhaus im Oktober

(Bild: C-SPAN)

Das Republikaner-Führungsgremium RNC (Republican National Committee) hat laut Politico am Montag Interessenvertreter der IT- und Telecom-Branche geladen, wie zum Beispiel die Internet Association und das IT Industry Council. Sie haben jeweils einige Dutzend Mitglieder, darunter Amazon, Apple, Facebook, Google, Microsoft, Samsung, SAP, Sony, Toyota und Visa.

Bereits am Donnerstag gab es ein Treffen mit Vertretern der Energiebranche, am Freitag waren die Großunternehmen im Gesundheitssektor dran. Insgesamt gibt es dem Bericht zu Folge rund zehn solcher Treffen. Die Stimmung ist höchst unterschiedlich. Die Energiebranche dürfte gut gelaunt gewesen sein: Trump will sie wohlhabend machen, indem er die Energieautarkie zu einer zentralen Aufgabe der Wirtschafts- und Außenpolitik macht.

Kohletagbau in Wyoming 2004

(Bild: Bureau of Land Management)

Trumps Energieplan umfasst "auch erneuerbare Energien wie Nuklear, Wind, Solar, aber ohne andere Energieformen auszuschließen, die jetzt besser funktionieren". Förderbeschränkungen für fossile Energieträger sollen aufgehoben, das Ergebnis der Pariser UN-Klimakonferenz aufgekündigt und Beiträge zu UN-Programmen gegen den Klimawandel eingestellt werden.

Die Pipeline Keystone XL soll doch gebaut und dem Kohleabbau soll zu neuen Höhenflügen verholfen werden. Der bestehende Beschluss, Kohlekraftwerke zu schließen und keine neuen mehr zu bauen, ist in Trumps Augen "stupid" [dumm]. Er will ihn flugs rückgängig machen. Da freut sich die Energiebranche.

Ganz anders sieht es in der IT- und Telecombranche aus. Sie braucht dringend Arbeitskräfte und lobbyiert seit Jahren für liberale Einwanderungsbestimmungen für Fachkräfte sowie Studierende einschlägiger Fachrichtungen. Trump will hingegen die Grenzen dicht machen, wozu auch ein Einreiseverbot für Muslime sowie eine Mauer entlang der Südgrenze gehören.

Herr Trump

(Bild: dpa, Tannen Maury)

Und auch bei der Überwachung sind die Standpunkte unvereinbar: Während die Tech-Branche eine Reform der Überwachungsgesetze, mehr Rechtsstaat und weniger staatlichen Direktzugriff auf private Daten fordert, will Trump die Befugnisse der Behörden sogar noch erweitern. Als sich Apple einen Kampf mit dem FBI um das Knacken des iPhones eines erschossenen Terroristen lieferte, forderte Trump öffentlich: "Boykottiert Apple, bis sie das Passwort rausrücken", – obwohl Apple gar nicht auf das Passwort zugreifen konnte.

Dazu kommen Angriffe gegen Amazon, das Trumps Ansicht nach zu wenig Steuern zahlt und außerdem als "Monopol" kartellrechtlich belangt werden sollte. Das RNC bietet großen Unternehmen nun die Chance, das Parteiprogramm zu beeinflussen – in der Hoffnung, dass bald Parteispenden folgen. Genau aus diesem Grund folgten nicht alle Geladenen den Einladungen, wie Politico berichtet. Denn Sie sahen darin den Auftakt einer Geldeintreibeaktion und nicht die Gelegenheit zu politischer Teilhabe.

Selbst wenn die Konzerne das republikanische Parteiprogramm kaufen sollten, stellt sich diesmal mehr denn je die Frage dessen Werts. Wird Clinton Präsidentin, ist das republikanische Parteiprogramm wenig wert, weil die Präsidentin ihr unliebsame Gesetze per Veto verhindern könnte. Sollte Trump gewinnen, macht er wahrscheinlich das, was Trump gerade will. Die Unterstützung des republikanischen Partei-Establishments ist ja wirklich seine Sache nicht.

(Bild: RNC)

Was bei den RNC-Treffen mit Wirtschaftslobbyisten genau passiert, ist geheim. Die Türen bleiben zu, und die Teilnehmer werden angehalten, nicht mit Journalisten zu sprechen. Daher hat sich eine Gruppe von rund 20 Organisationen per offenem Brief sowohl an das RNC als auch dessen Gegenstück bei den Demokraten, das DNC, gewandt.

Sie rufen die beiden Parteien auf, in Fragen der IT-Politik klar Stellung zu beziehen. Außerdem wollen sie mit den Parteigremien drei konkrete Themen besprechen: Den Ausbau leistbarer Breitbandzugänge, die Bewahrung eines freien und offenen Internets sowie den Schutz persönlicher Daten online. Zu den Unterzeichnern zählen unter anderem die Electronic Frontier Foundation (EFF), Public Knowledge, das Center for Democracy and Technology und Einrichtungen, die sich für eine freie und ausgeglichenere Presse einsetzen.

Bei den Demokraten ist das Verfahren zur Programmerstellung zumindest teilweise öffentlich. Geplant sind vier öffentliche, zweitägige Veranstaltungen: Am Mittwoch und Donnerstag gibt es in Washington, DC, öffentliche Anhörungen, an denen sich Parteimitglieder beteiligen können. Neun Tage darauf folgt eine zweite Hearing-Runde in Phoenix, Arizona. Weitere fünf Tage später konferiert das für den Entwurf des Wahlprogramms zuständige Gremium.

Herr Sanders kämpft bis zum Schluss.

(Bild: Michael Vadon CC-BY-SA 2.0)

Und in einem Monat trifft schließlich der Wahlprogrammausschuss die letzten Entscheidungen. Er hat 15 Mitglieder, von denen Clinton sechs und ihr unterlegener Herausforderer Bernie Sanders fünf Mitglieder benennen. Die von Noch-Präsident Barack Hussein Obama nominierte Vorsitzende Debbie Wassermann Schultz sucht die restlichen vier Stimmberechtigten aus.

Formal beschlossen werden die Wahlprogramme auf den jeweiligen Parteitagen: Die Republikaner treffen einander ab 18. Juli in Cleveland, die Demokraten eine Woche darauf in Philadelphia. Dann wird auch der jeweilige Präsidentschaftskandidat offiziell gekürt. Bei den Republikanern wird dabei über einen Aufstand des Partei-Establishments gegen Trump spekuliert. Denn selbst die Regeln für diese wichtige Wahl werden erst vor Ort festgelegt. (ds)