Datenzentrum Rheinland-Pfalz durchsucht

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am Dienstag das Daten- und Informationszentrum Rheinland-Pfalz (DIZ) sowie drei Computerfirmen durchsuchen lassen.

vorlesen Druckansicht 12 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat am Dienstag das Daten- und Informationszentrum Rheinland-Pfalz (DIZ) sowie drei Computerfirmen durchsuchen lassen. Gegen unbekannte Verantwortliche des DIZ werde wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Erich Jung am Dienstag in Koblenz mit. Sie sollen 1998 und 1999 spezielle Computersysteme zu überhöhten Preisen beschafft haben.

Die Durchsuchung mit einer kleineren zweistelligen Zahl von Beamten des Landeskriminalamtes und zwei Staatsanwälten erstreckte sich laut Jung auf die Geschäftsräume des DIZ in Mainz, Koblenz und Bad Ems sowie auf zwei Firmen in Frankfurt und ein Unternehmen in Mainz. Dabei sei Beweismaterial sichergestellt worden, das nun ausgewertet werde.

Das DIZ war in die Schlagzeilen geraten, weil ein teils vertraulicher Sonderbericht des Landesrechnungshofs der öffentlich-rechtlichen Anstalt in einigen Bereichen schlechtes Management und Fehler bei der Auftragsvergabe vorwirft. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Koblenz gegen das DIZ waren nach Jungs Auskunft von der Auswertung dieses Berichts angestoßen worden.

Laut Staatsanwaltschaft beschaffte das Zentrum 1998 für den Betrieb seines Datennetzes ein so genanntes Kassettenarchivsystem. Dabei sei mit "nicht sachgerechten fiktiven Berechnungen" das teurere von zwei Angeboten als die preiswertere Offerte dargestellt worden. Das Gleiche sei 1999 passiert, als es bei der Anschaffung eines Großrechnersystems wiederum zwei Bieter gegeben habe. Für einen Verdacht der Bestechung oder Bereicherung fand die Staatsanwaltschaft nach eigenen Aussage bislang allerdings "keine Anhaltspunkte". Um die Motive für die Anschaffungen zu überhöhten Preisen zu klären, "müssen wir alles von Grund auf aufrollen", sagte Jung.

Die beiden rheinland-pfälzischen Oppositionsparteien CDU und Bündnis 90/Die Grünen nahmen die Durchsuchung sogleich zum Anlass, die Mainzer SPD/FDP-Landesregierung zu kritisieren. Nach Darstellung des stellvertretenden Landes- und Fraktionsvorsitzenden der CDU Rheinland-Pfalz, Adolf Weiland, stellt sich nun die Frage: "Wird der DIZ-Skandal zum Korruptionsskandal der Landesregierung?" Während diese der Öffentlichkeit "nach wie vor weismachen will, bei den vom Landesrechnungshof massiv kritisierten Vorgängen um das DIZ handele es sich um normales Geschäftsgebaren, steht seit heute die strafrechtliche Relevanz außer Frage", meinte Weiland.

Die Fraktion der Grünen im rheinland-pfälzischen Landtag nannte die Durchsuchung "längst überfällig". Nach Darstellung der Grünen-Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im März 2001, Ise Thomas, "bleibt zu hoffen, dass die Durchsuchung nicht zu spät gekommen ist". Die Landesregierung sei aufgefordert, "die Aufklärung der Ungereimtheiten auch von sich aus weiter voranzutreiben und sich nicht hinter dem jetzt schwebenden Ermittlungsverfahren zu verstecken".

Das DIZ war vor vier Jahren mit der Zusammenführung mehrerer Behörden gegründet worden. Es soll die Behörden des Landes beim Datenverkehr unterstützen. Das DIZ betreibt das rlp-Netzwerk, über das die Verwaltung Daten austauscht, auf die die Öffentlichkeit keinen Zugriff hat. Zugleich bietet das Zentrum im Internet Leistungen für die Allgemeinheit an. Das DIZ hat 216 Beschäftigte und setzte 1999 nach eigenen Angaben 66,1 Millionen Mark um. (dpa) / (wst)