Kunde vs. Nikon: Abmahnung wegen proprietärem WLAN mit Bluetooth-Zwang

Wer das integrierte WLAN der Nikon D500 nutzen möchte, braucht derzeit ein Android-Smartphone mit Bluetooth. Reine WLAN-Verbindungen unterstützt die Kamera nicht, was von vielen Anwendern kritisiert wird. Ein Kunde hat Nikon deswegen jetzt abgemahnt.

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Nikon D500 mit WLAN-Adapter WT7

Nikon D500 mit WLAN-Adapter WT7.

(Bild: Nikon)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Sascha Steinhoff
Inhaltsverzeichnis

Andreas V. aus Butzbach hat der Nikon-GmbH eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (aka Abmahnung) zugestellt, in der er den Hersteller unter anderem dazu auffordert, die aktuelle APS-C-DSLR Nikon D500 nicht mehr mit dem Hinweis auf ein "integriertes WiFi" zu bewerben. Grund: Beim integrierten WLAN der D500 setzt Nikon vollständig auf die Steuerung über Bluetooth mit der proprietärem Smartphone-App SnapBridge.Die App ist derzeit nur für Android-Mobilgeräte verfügbar. Eine reine WLAN-Verbindung unterstützt die Nikon D500 zumindest mit Bordmitteln im Gegensatz zu anderen Kameras (beispielsweise Nikon D7200 oder D750) nicht.

Für eine direkte WLAN-Verbindung muss man den sehr teuren WLAN-Adapter Nikon WT-7 (ab 1199 €) nachrüsten. Nach Ansicht von Andreas V.ist die WLAN-Implementation der von ihm erworbenen Nikon D500 damit nur sehr eingeschränkt nutzbar. Das sei vor dem Kauf nicht einmal für einen technisch versierten Anwender erkennbar. Die Werbung für die Nikon D500 hält er daher für irreführend.

Ob seine Abmahnung ganz oder zumindest teilweise berechtigt sein könnte, ist derzeit noch unklar. Nikon-Deutschland hat Andreas V. zwischenzeitlich angeboten, die von ihm erworbene D500 zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Außerdem verweist Nikon auf die für August 2016 geplante Veröffentlichung der iOS-App. Auf die vom Abmahner bemängelten Sachverhalte und seine konkreten Forderungen – siehe Originaltext der Abmahnung – ist Nikon bisher nicht eingegangen. Trotz verstrichener Frist ist also noch unklar, wie sich Nikon zur konkreten Abmahnung positioniert.

[Update 16.06.2016 10:40 Uhr:] Auf Anfrage von c't Fotografie hat Nikon-Deutschland mitgeteilt, dass man derzeit zu der Angelegenheit keinen Kommentar geben könne.

Unabhängig von der möglichen rechtlichen Relevanz des beschriebenen Einzelfalles, demonstriert die Reaktion dieses enttäuschten Nikon-Kunden sehr gut das aktuelle Durcheinander bei kameraintegrierten WLAN-Adaptern. Davon sind beileibe nicht nur Nikon-Kunden betroffen. Für die Ausgabe 04 der c't Fotografie (ab dem 27.Juni 2016 im Handel) haben wir das integrierte WLAN bei Kameras von Canon, Fujifilm, Leica, Nikon, Olympus, Panasonic, Pentax und Sony intensiv getestet.

Unser Eindruck war, dass herstellerübergreifend von einer Standardisierung beim WLAN keine Rede sein kann. Es ist vor dem Kauf selbst für einen technisch versierten Anwender häufig nicht möglich herauszufinden, ob und in welcher Form Kamera und Software das eigene Mobilgerät unterstützten. Die WLAN-Implementierungen können sich nicht nur zwischen den Herstellern ganz erheblich unterscheiden, sondern auch zwischen Modellen des gleichen Herstellers. So weiß der Kunden oft erst nach dem Kauf, ob das integrierte Kamera-WLAN für ihn in seinem konkreten Anwendungsfall überhaupt einen Nutzen hat.

Die Steuerung der D500 über Bluetooth hat den Vorteil, dass sich eine permanente drahtlose Verbindung zwischen Kamera und Mobilgerät sehr viel akkuschonender realisieren läßt als über WLAN. Bisher ist Nikon der einzige Kameraanbieter, der diesen Weg geht. Die Steuerungsbefehle zwischen SnapBridge-App und WLAN laufen ausschließlich über Bluetooth. Bei bestimmten Funktionen wie der Fernsteuerung schaltet die App von Bluetooth auf WLAN um, um Reichweite und Bandbreite der Verbindung zu erhöhen. Beim Bildtransfer hat der Anwender die Wahl zwischen der langsamen Bluetooth-Verbindung oder der schnelleren WLAN-Verbindung.

Nachteil: Dieses Verfahren wird zumindest bisher noch von keinem unabhängigen App-Anbieter unterstützt. Als Anwender ist man daher auf Gedeih und Verderben an die hauseigene Software von Nikon angewiesen. Solange die iOS-App der SnapBridge noch nicht verfügbar ist, gucken Besitzer von iPhones und iPads also in die Röhre. Auch hauseigene Software, wie das für den Desktop-Betrieb erforderliche Camera Control 2, kann nicht mit dem intergrierten WLAN der Nikon D500 kommunizieren.

Die Abmahnung von Andreas V. zeigt deutlich, mit welchen Problemen Anwender beim Kamerakauf derzeit zu kämpfen haben. Im folgenden der Volltext seines Schreibens, aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurden einige Passagen gekürzt:

Am 23.01.2016 habe ich die Kamera Nikon D500 bei [...] bestellt. Neben der Schnelligkeit und einer verbesserten Bildqualität bei hohen ISO-Werten war mir dabei die WiFi-Funktion wichtig, mit der ich auch schon bei meiner existierenden Nikon D7100 und dem Adapter WU-1a seit 3 Jahren Bilder ins Internet übertrage. Dies ist mein typischer Arbeitsprozess.

Die Spezifikationen ließen erwarten, dass an der Nikon D500 WiFi auf dieselbe Art und Weise genutzt werden kann wie beispielsweise an der Nikon D7200 oder der Nikon D750. Also in der Weise, dass man die WiFi-Funktion direkt an der Kamera über eine Menüfunktion der Betriebssoftware der Kamera (nachfolgend als Firmware bezeichnet) ein und ausschalten kann.

Als die Kamera am 04.05.2016 eingetroffen war, war ich umso überraschter als ich feststellen musste, dass dies nicht möglich ist. [...] Ferner ist auf dem Etikett der Verkaufsverpackung deutlich zu lesen ‚Made for iPod/iPhone/iPad’ und ‚Wifi’. All dies lässt den Käufer glauben, dass man die Nikon D500 direkt nach der Entnahme aus der Verkaufsverpackung und entsprechender Konfiguration an der Kamera mit einem Apple-iOS-Gerät über WiFi benutzen kann.

Dies ist jedoch nicht der Fall.

[...] Das Handbuch geht [...] mit keinem Wort darauf ein, dass zur Aktivierung von Bluetooth und WiFi an der Kamera eine App Snapbridge auf einem externen Smartgerät genutzt werden muss.Daher darf man – jedenfalls, wenn man die D500 wie ich am 23.01.2016 gekauft hat – erwarten, dass die WiFi-Funktion an der Kamera direkt ein- und ausgeschaltet werden kann und keine zusätzliche App notwendig ist, um diese über ein externes Gerät ein- und auszuschalten. Die Kenntnis hingegen, dass für die Übertragung der Daten von der D500 auf ein iPhone/iPad grundsätzlich eine App notwendig sein würde, ist jedem Käufer zuzumuten.

Diese App gibt es auch von Nikon in Form des 'Wireless Mobile Utility' (WMU). Für die von Nikon nicht nur im Zusammenhang mit der Nikon D500 beworbene App Snapbridge waren am 23.01.2016 nur vage Informationen verfügbar, die keine Rückschlüsse auf die tatsächliche technische Implementierung zuließen.[...] Die aktuelle Bezeichnung der WiFi-Funktion in Werbemaßnahmen der Nikon GmbH ist irreführend, da die Definition von 'integriert' nach dem Duden so lautet: 'so beschaffen, dass Unterschiedliches, Verschiedenartiges miteinander verbunden, vereinigt ist'.

Die WiFi-Funktion ist derzeit nicht integriert zu benutzen, da sie erst durch eine zusätzliche, nur auf einem anderen, von Nikon nicht hergestellten Gerät einzuspielende Software eingeschaltet werden kann. Das Einschalten einer Funktion durch eine Software, die auf einem anderen Gerät installiert ist als auf dem Gerät, auf dem diese Funktion eigentlich ausgeführt wird ist nun gerade das Gegenteil von 'integriert'.

Daher ist diese Bezeichnung sowohl gegenüber Kunden als auch Wettbewerbern irreführend. Es handelt sich um eine irreführende Werbung im Sinne des § 5 I Nr.1 UWG.

Der offenbar bisher von Nikon eingeschlagene Weg die Wifi-Funktion als Übertragungsprotokoll über ein weiteres Übertragungsprotokoll, nämlich Bluetooth und nur über eine Software, die auf einem externen und nicht von Nikon selbst hergestellten Gerät installiert ist, herzustellen, ist bisher absolut unüblich und im praktischen Einsatz nicht verbreitet. In der Fachwelt herrscht die Auffassung vor, dass es sich bei der von Nikon gewählten Lösung zur Aktivierung der WiFi-Funktion über ein externes - und für die beworbenen Plattform Apple iPod/iPhone/iPad derzeit nicht verfügbares - Programm um eine vor allem aus Marketinggründen gewählte Limitierung der Betriebssoftware (Firmware) handelt, da diese Funktion grundsätzlich bereits in der Kamera vorhanden ist analog zu den existierenden Modellen der Nikon GmbH, wie z.B. der Nikon D750 und der Nikon D7200.

Die WiFi-Funktion kann nach Meinung von unabhängigen Experten über eine geringe Änderung der Firmware über ein sog. Firmwareupgrade analog den bereits existierenden Modellen der Nikon GmbH nachgebildet und somit - wie beworben - tatsächlich in die Kamera D500 integriert werden. Der reine Programmieraufwand beträgt dabei maximal einen Arbeitstag. Für Qualitätssicherung und Tests sind maximal 5 Arbeitstage anzusetzen, für die Distribution der Datei zum Firmwareupgrade auf die Supportserver der Nikon GmbH maximal ein Arbeitstag.

Ich nehme Sie daher aus §5 I Nr. 1 UWG iVm. § 4 I, II ProdHaftG auf Unterlassung und aus § 4 I, II ProdHaftG iVm. §§ 434, 439 BGB auf Nachbesserung in Anspruch. Ich fordere Sie auf, bis zum 10.06.2016 (Eingang hier) eine ausreichende strafbewehrte Unterlassung- und Verpflichtungserklärung nach dem beigefügten Muster abzugeben.[...]

Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
[...]
1. Bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs fällig werdenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.100 € es ab sofort zu unterlassen, das Produkt Nikon D500 öffentlich mit dem Hinweis auf ein ‚integriertes WiFi’ oder ‚Snapbridge’ zu bewerben.

2. Bis zur endgültigen Verfügbarkeit einer direkt an der Kamera ein- und ausschaltbaren WiFi-Funktion einen WiFi-Adapter Nikon WT-7 mit Verfügbarkeit zum 10.06.2016 vorübergehend und unentgeltlich bereit zu stellen.

3. Bis zum 30.06.2016 die Betriebssoftware (nachfolgend Firmware) der Nikon D500 allgemeinverfügbar
so angepasst und auf den zur Verteilung üblichen Kanälen zur Verfügung gestellt zu haben, dass WiFi nach dem Download der Datei und Installation über kameraeigene Menü zum Firmwareupgrade wie bei der Nikon D7200 und der Nikon D750 direkt an der Kamera ein- und ausgeschaltet werden kann.[...]
(sts)