Datenschützer befürchtet "Big Brother im Internet"

Das Internet könnte sich nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Datenschützer Werner Kessel zu einem umfassenden Überwachungsnetz entwickeln.

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Von
  • Jürgen Kuri

Das Internet könnte sich nach Ansicht von Mecklenburg-Vorpommerns Datenschützer Werner Kessel zu einem umfassenden Überwachungsnetz entwickeln. Mit der von den Innenministern geforderten Protokollpflicht für Netz-Anbieter würde ein "Big Brother im Internet" geschaffen, warnte Kessel am gestrigen Dienstag in einem dpa-Gespräch. Es sei gut und verständlich, dass die Innenminister auf die sich entwickelnde Internet-Kriminalität reagieren wollen. Wegen der Vergehen Einzelner dürfe aber nicht ein ganzes Volk überwacht werden.

Die Datenschutzbeauftragten von 15 Bundesländern hatten sich in einer in der vergangenen Woche verabschiedeten Erklärung gegen eine von den Innenministern geforderte Protokollpflicht für das Internet ausgesprochen, die die Speicherung umfangreicher Nutzer-Daten für die Strafverfolgung umfassen soll. Das lehnen die Datenschützer als verfassungswidrig ab. In den Augen mancher Kritiker nähern sich die deutschen Innenminister schon den Begehrlichkeiten der britischen Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden an, die bereits eine komplette Protokollierung der kompletten Kommunikation und ihrer Speicherung für sieben Jahre fordern.

Das weltweite Computernetz dürfe nicht zum Fahndungsnetz werden, erklärten dagegen die deutschen Datenschützer zu den Plänen der Innenminister. Lediglich Thüringen hatte sich der Initiative des Schweriner Datenschützers Werner Kessel und seines Hamburger Kollegen Hans-Hermann Schrader nicht angeschlossen. Die von der Innenministerkonferenz geforderte Regelung würde nach Kessels Ansicht zu einer Rundumbeobachtung der Bürger führen. Die Forderung wäre vergleichbar mit einer Verpflichtung der Post, künftig alle Absender- und Empfängerdaten von Briefen zu speichern und für eine Strafverfolger bereit zu halten. Nach Ansicht der Datenschützer sei das Verfahren zur Strafverfolgung ohnehin untauglich, weil Kriminelle ohne Probleme auf Anbieter im Ausland ausweichen könnten. Zudem könnten Polizei und Staatsanwaltschaft schon heute, mit einer richterlichen Genehmigung, auf Internetdaten zurückgreifen.

Siehe zu dem Thema auch Warnung vor einem europäischen Abhörgesetz nach britischem Vorbild in Telepolis. (jk)