Stets zu Diensten?

Wie fühlt es sich an, den ganzen Tag von intelligenten Assistenten bemuttert zu werden?

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Boris Hänßler

Es ist sechs Uhr früh. Mein Smartphone auf dem Nachttisch weckt mich mit Musik, die von Sekunde zu Sekunde lauter wird. Heute ist ein besonderer Tag: Ich will mich von digitalen Assistenten durch den Alltag leiten lassen. Sie sollen mir Stress ersparen und Zeit schenken, versprechen die Digitalkonzerne, um ihre neuesten Helfer unters Volk zu bringen. Facebook ist ebenso dabei wie Apple und Google. Apps wie Moovit zur Orientierung oder Poncho fürs Wetter drängen auf den Markt. Hinzu kommen Hausgeräte- und Konsumgüterhersteller, die mich an die Hand nehmen wollen, sei es beim Zähneputzen oder beim Filmeschauen. Mit den Fortschritten bei künstlicher Intelligenz werden die Angebote stetig aufgerüstet. Das Internet, so die Botschaft, werde zum unsichtbaren Geist, der einen durch den Tag leitet. Menschen sollen finden, ohne zu suchen. Wie aber sieht derzeit die Wirklichkeit aus? Das wollte ich ausprobieren.

Google Now etwa bekam Zugriff auf alle meine Smartphone-Daten – E-Mails, Kalender, Internetsuche, Ortungsdienste. Es merkt sich, nach welchen Restaurants ich google und von wem ich Mails erhalte. Eine kluge Zahnbürste überwacht mein Putzverhalten, meine Einkaufs-App soll mich durch den Super-markt lotsen und Apple TV vorausahnen, wann ich welche Filme anschauen möchte. Ganz wohl ist mir allerdings nicht dabei. Wenn mich die Polizei eines Tages eines Verbrechens bezichtigt, rede ich mir die Situation schön, könnten meine neuen Butler wenigstens ein Alibi liefern. Ob die Selbstentblößung darüber hinaus auch ihren eigentlichen Zweck erfüllt, werde ich am Ende meines Tages wissen. Werde ich tatsächlich entspannt im Bett liegen – oder das Smartphone in die Ecke schmeißen? (grh)