Vorratsdatenspeicherung: Provider warnen vor dem "Mittelstandskiller"

Der eco-Verband kritisiert in seiner Stellungnahme die Vorschläge der Bundesnetzagentur zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung scharf. Der immense technische und personelle Aufwand überfordere vor allem kleine und mittlere Unternehmen.

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Daten-Lager

(Bild: dpa, Christian Charisius/Archiv)

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Der Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) kritisiert die Vorschläge der Bundesnetzagentur zur praktischen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Der von der Regulierungsbehörde aufgestellte Anforderungskatalog mache einen "vielfach höheren personellen und administrativen Arbeitsaufwand notwendig" als befürchtet, heißt es in einer Stellungnahme des Verbands. Die Bundesnetzagentur stelle "unrealistisch hohe Sicherheitsanforderungen", insgesamt sieht der eco "verheerende Auswirkungen" auf den Mittelstand.

Die Bundesnetzagentur hat Ende Mai ihre Umsetzungsleitlinie für die politisch gewollte Vorratsdatenspeicherung zur Diskussion gestellt. Darin skizziert die Behörde die technischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen, die Unternehmen zur Erfüllung der Vorratsdatenspeicherung umsetzen sollen. Verbindungs- und Standortdaten sollen für einige Wochen gespeichert und dann unwiderruflich gelöscht werden. Provider müssten die begehrten "Verkehrsinformationen" aus ihren Datenbeständen herausfiltern, weiterverarbeiten und isoliert aufbewahren, um den Sicherheitsbehörden den Zugriff darauf zu ermöglichen.

"Es handelt sich um einen Wunschkatalog der Politik", kommentierte Klaus Landefeld, eco-Vorstand Infrastruktur & Netze, den Katalog der Bundesnetzagentur. "Daten sollen in Gänze vorhanden, jederzeit abrufbar und dabei hochgesichert sein." Dass die gleichen Daten parallel in den Systemen der Provider liegen, mache die "ganze Absurdität des Vorhabens deutlich". Es sei zwar möglich, die Datenspeicherung wie gewünscht umzusetzen. Dafür seien aber neue Systeme nötig, die es so am Markt noch nicht gebe – und so schnell möglicherweise auch nicht geben wird.

"Natürlich haben die Systemhersteller ihre Erfahrungen bei der ersten Version der Vorratsdatenspeicherung gesammelt und wollen jetzt nicht erneut auf den Entwicklungskosten sitzen bleiben", sagte Landefeld. Der eco erwartet, dass die Hersteller vielmehr "abwarten, bis Rechtssicherheit darüber besteht, ob diese Entwicklungen tatsächlich erforderlich sind". Gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung laufen verschiedene Verfassungsbeschwerden. Zuletzt hatte der eco-Verband mit dem Provider SpaceNet auch Klage vor einem Verwaltungsgericht erhoben.

Und wenn es die Systeme dann gibt, wird es für die Provider teuer: Für die nötige Speicherinfrastruktur würden voraussichtlich Kosten von geschätzt über 600 Millionen Euro entstehen, rechnet der eco vor. Auch der laufende Betrieb werde die Unternehmen einiges kosten. Dafür fehle jeder finanzieller Ausgleich. Das wäre für kleine und mittlere Unternehmen nicht leistbar und berge ein hohes Insolvenzrisiko. Die Vorratsdatenspeicherung "könnte sich rasant zum Mittelstandskiller entwickeln", mahnt Landefeld und fordert ein "abgestuftes Konzept, das Leistungsfähigkeit des einzelnen Unternehmens mitberücksichtigt".

Der Bundestag hatte das "Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten" im vergangenen Jahr mit den Stimmen von SPD und Union verabschiedet. Mit der zweiten Fassung versucht die Koalition, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten, das die Erstauflage im März 2010 kassiert hatte. Europarechtlich notwendig ist der zweite Versuch auch nicht mehr, seit der Europäische Gerichtshof die zugrundeliegende Verordnung für ungültig erklärt hat. (vbr)