Amazon.com verwirrt mit browserabhängigen Verkaufspreisen

Wer zur gleichen Zeit beim gleichen Anbieter das gleiche Produkt kauft, rechnet in der Regel damit, auch den gleichen Preis zu zahlen wie alle anderen. Nicht so bei Amazon.com.

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Von
  • Maria Benning

Wer zur gleichen Zeit wie andere Kunden beim gleichen Anbieter das gleiche Produkt kauft, rechnet in der Regel damit, den gleichen Preis zu zahlen wie alle anderen. Nicht so bei Amazon.com. Auf der US-Plattform des Internet-Medienshops zahlten Käufer unterschiedliche Preise für das gleiche Produkt, ergaben Stichproben der amerikanischen Zeitschrift Computerworld.

Die Preise stiegen und fielen mit dem Browser, den der Kunde nutzte, um auf das Buchhandelsportal zu surfen. Wer etwa mit einem Netscape-Webbowser auf die Amazon-Site gelangte und dort die komplette Serie des Science-Fiction-Klassikers "Planet of the Apes" als DVD-Video in seinen Warenkorb packte, zahlte 64,99 Dollar. Kam der Käufer hingegen mit dem Microsoft-Internet-Explorer auf die Site, kostete das Video 74,99 Dollar.

Solche Preisdifferenzen wurden noch bei anderen DVD-Produkten beobachtet. So wurden auch für das Video "Men in Black" unterschiedliche Preise ausgewiesen – und auch hier war für die Preisangabe der Browser ausschlaggebend, den der Kunde benutzt hatte. Darüber hinaus aber differierten die Preisvorschläge in Abhängigkeit davon, über welchen Service-Provider ein Surfer ins Internet gelangte. Zudem berücksichtigte der Online-Shop, ob der Interessent das erste Mal oder bereits zum wiederholten Mal bei Amazon einkaufte: Vom Netscape-Browser aus sollte das Men-in-Black-Video 25,97 Dollar kosten, während ein Internet Explorer-Nutzer 23,97 Dollar berappen sollte. Wieder anders sahen die Preise aus, nachdem der Cache der für die Bestellung benutzten PCs geleert und alle Cookies ausgeschaltet waren: Jetzt kostete das Video den Netscape-Surfer 25,97, den Explorer-User hingegen 27,97 Dollar.

Amazon-Sprecherin Patty Smith begründete die unterschiedlichen Preise mit Tests, die zur Verbesserung der Kundenansprache veranstaltet würden. "Da wir wissen, dass Kunden verschieden auf unsere Warenpräsentation reagieren, sind wir permanent bemüht, das Fine-Tuning unseres Marketings zu verbessern", erklärte die Sprecherin. Unterschiedliche Käufertypen würden daher phasenweise auf verschiedene Preise stoßen. Welche Kriterien für die Preisfestlegung gelten und wie lange die Tests dauern sollten, mochte die Amazon-Sprecherin allerdings nicht sagen. Kunden, die das Gefühl hätten, zuviel gezahlt zu haben, könnten binnen 30 Tagen einen Antrag auf Rückgängigmachung des Kaufes stellen, erklärte sie.

US-Verbraucherschützer kritisieren die flexible Preisgestaltung. Im Fokus der Kritik steht dabei weniger das unverbindliche Preissystem selbst als vielmehr die Tatsache, dass Amazon den Kunden die Preisvergabepraxis nicht erklärt. "Wer keinen Arg hegt, dass er mehr zahlt als andere, wird sich auch nicht beschweren", bemängelte etwa US-Börsenanalyst Alan Alper. Selbst wenn der Kunde weiß, dass er beim Einkauf flexibel zur Kasse gebeten wird, bleibt das Preis-Prinzip fragwürdig. Immer darüber zu spekulieren, ob man mehr zahlt als andere, trägt nicht unbedingt zum Einkaufskomfort bei, meinte der Analyst.

"In Deutschland wird es keine browserabhängigen Preise geben", erklärte indes Amazon.de-Sprecher André Schirmer. Die Vorschriften der hier zu Lande geltenden Rabattgesetze ließen für diese Art Preis-Fein-Tuning keinen Spielraum, so die Begründung. (mbb)