RoboCup angepfiffen: Rempeleien werden jetzt geahndet

In den Messehallen von Leipzig findet seit Donnerstag wieder die RoboCup-Weltmeisterschaft statt. Zum Auftakt erinnerte der Erfinder daran, wie die Entwicklungen für die Meisterschaft die Industrie inspirierten. Das große Ziel ist aber noch weit.

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RoboCup angepfiffen: Rempeleien werden jetzt geahndet

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

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  • Hans-Arthur Marsiske
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In Leipzig ist am Donnerstag die 20. RoboCup-Weltmeisterschaft eröffnet worden. 34 weitere werden noch folgen, dann soll das Roboterturnier mit der menschlichen Fußball-WM verschmelzen – jedenfalls zum Teil. Denn längst wird beim RoboCup nicht mehr nur Fußball gespielt.

Angefangen hat das jährlich ausgetragene Turnier im Jahr 1997 noch als reiner Fußballwettbewerb, zunächst in drei Kategorien: 2D-Simulation, Small Size, Middle Size. Das erklärte Ziel war und ist es, bis zum Jahr 2050 mit einem Team humanoider Roboter gegen den amtierenden menschlichen Fußballweltmeister zu gewinnen.

RoboCup 2016 eröffnet (10 Bilder)

Auf Kunstrasen kann man mit Blechfüßen leicht ins Stolpern kommen – aber da müssen die Roboter durch, wenn sie bis 2050 den menschlichen Weltmeister schlagen wollen. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Roboterfußball erfordere eine Vielfalt von Technologien, die damit auch anderen Anwendungen zur Verfügung stünden, erläuterte Hiroaki Kitano, anfänglicher Hauptinitiator und jetziger Gründungspräsident des RoboCup, bei der Eröffnungsfeier am Mittwoch. Die RoboCup-Initiative wollte mit dieser eher marktfernen Zielsetzung gewissermaßen den Nährboden schaffen, aus dem nach und nach auch marktfähige Anwendungen und Produkte erwachsen sollten.

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Wie gut diese Idee gezündet hat, war wahrscheinlich nie so deutlich zu erkennen wie jetzt in Leipzig: Kein RoboCup hat bisher so massive Unterstützung durch Industrieunternehmen und Forschungsinstitutionen erfahren. Mit dem Projekt RoCKIn hatten es vom RoboCup inspirierte Wettbewerbe bereits in den vergangenen Jahren geschafft, EU-Fördermittel in Millionenhöhe zu bekommen. Die nun offiziell begonnen European Robotics League (ERL) setzt das in erweiterter Form fort. Anders als beim RoboCup sollen sich die Wettbewerbe für Industrie-, Service- und Rettungsroboter nicht auf ein großes jährliches Ereignis konzentrieren, sondern an vielen Orten in zertifizierten Arenen ausgetragen werden.

Damit knüpft die ERL an das Prinzip der RoboCup Rescue League an: Auch hier ging es von Anfang darum, in exakt nachbaubaren Arenen reproduzierbare Daten zu gewinnen und nach und nach Standardtestmethoden für Rettungsroboter zu entwickeln. Dieser Ansatz ist in diesem Jahr noch deutlicher als bisher zu erkennen, weil die Rettungsarena in kleinere Abschnitte aufgeteilt wurde, in denen jeweils eine bestimmte Fähigkeit getestet wird: etwa die Beweglichkeit eines Roboters auf Kies, feinem Sand oder bei der Konfrontation mit anderen Hindernissen.

Das hat den zusätzlichen Vorteil, dass stets mehrere Teams gleichzeitig ihre Roboter zum Einsatz bringen können. Beeindruckend ist auch ein durch ein Netz abgeschirmter Bereich für fliegende Roboter, in dem neun Ventilatoren kräftig Wind machen können. Außerdem sollen in diesem Jahr erstmals auch Testläufe außerhalb der Halle stattfinden, wo die Roboter zeigen müssen, wie sie mit Tageslicht und echtem Wetter klarkommen.

Wind und Wetter bleiben den Fußballrobotern vorerst erspart. Aber zumindest die Nao-Roboter der Standard Platform League werden in einer gläsernen Halle dem Tageslicht ausgesetzt, wo sie den Wechsel von Sonne und Wolken verkraften und trotzdem noch den Ball erkennen und das richtige Tor finden sollen. Neben der Wahrnehmung wird zudem die Körperkontrolle gefordert: Seit vergangenem Jahr spielen die humanoiden Roboter auf Kunstrasen, der deutlich unebener ist als der bis dahin übliche, vergleichsweise glatte Teppich.

Auch der simulierte Fußball geht voran: In der 3D-Simulation werden Fouls jetzt geahndet. Rempeleien, bei denen mehrere Roboter übereinander fielen, soll es nicht mehr geben. Dafür ist es jetzt erlaubt, den Ball beim Anstoß nach hinten zu einem eigenen Spieler zu kicken. Einige Teams beherrschten das Pass-Spiel schon so gut, sagt Klaus Dorer vom Team Magma Offenburg (siehe Video), dass sie mit wenigen Spielzügen vor das gegnerische Tor kämen.

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Die schnellsten Spiele gibt es aber nach wie vor in der 2D-Simulation und in der Small Size League. Und mit letzterer schließt sich in gewisser Weise ein Kreis, wie Hiroaki Kitano in seiner Festrede hervorhob. Er bezog sich auf die Amazon Picking Challenge, die erstmals im Rahmen des RoboCup ausgetragen wird und zusätzlich das wachsende Interesse der Industrie an diesem Turnier unterstreicht. Kitano erinnerte daran, dass die Roboter der Firma Kiva Systems, die inzwischen in den Lagern von Amazon Regale hin und her fahren, von dem ehemaligen RoboCup-Teilnehmer Raffaello D’Andrea mit entwickelt wurden, der mit dem Team der Cornell University mehrfach den Wettbewerb in der Small Size League gewonnen hat. Wenn Amazon jetzt mit der Picking Challenge die manipulativen Fähigkeiten der Roboter weiter entwickeln wolle, so Kitano, sei das eigentlich eine Rückkehr zum RoboCup.

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(mho)