Wiedergeburt des Space Shuttle

Das Prinzip der wiederverwendbaren Raumfähre feiert in Indien seine Rückkehr.

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Von
  • Michael Radunski

Als am 21. April 1981 die Columbia vom amerikanischen Kennedy Space Center abhob, begann die Ära der wiederverwendbaren Raumfahrzeuge. Fast genau 30 Jahre lang war das "Space Shuttle" die Krönung der Raumfahrt. Doch dann entschied die Nasa 2011, auf Einweg-Raumfahrzeuge umzusatteln.

Jetzt feiert das Prinzip des Space Shuttle sein Comeback. Und mit dabei ist neben den Privatfirmen Blue Origin und SpaceX das aufstrebende Indien. Vor Kurzem hat die dortige Raumfahrtbehörde ISRO erstmals einen eigenen, wiederverwendbaren Weltraumtransporter getestet.

Angedockt an eine HS9-Rakete, hob der Raumgleiter am 23. Mai vom Weltraumhafen in Sriharikota im Südosten des Landes ab und wurde rund 56 Kilometer über dem Meeresspiegel ausgesetzt. Von dort stieg er weiter bis auf 65 Kilometer Höhe, ehe er mit einer Geschwindigkeit von Mach 5 (fünfmal schneller als der Schall) wieder auf die Erdoberfläche zuraste und in den Golf von Bengalen stürzte. Der Vorgang, den Indiens Premierminister Narendra Modi überschwänglich via Twitter feierte, dauerte knapp 13 Minuten.

"Der Test ist ein wichtiger Schritt für Indiens Weltraummission", sagt Rajeswari Rajagopalan, Leiterin der Nuklear- und Weltraumabteilung am renommierten Forschungsinstitut Observer Research Foundation (ORF) in Delhi. Erfolgreich getestet wurden kritische Technologien wie das autonome Navigieren, ob die Konstruktion bei fünffacher Schallgeschwindigkeit stabil bleibt und ob das Hitzeschild beim Sinkflug seinen Zweck erfüllt.

Dennoch waren die Tests lediglich der erste Schritt auf einem langen Weg. Schon die Bezeichnung "Reusable Launch Vehicle – Technology Demonstrator" (RLV-TD) deutet auf eine wissenschaftliche Testversion hin: Das Modell war zudem ein Miniformat, dessen Länge von 6,5 Metern erst rund einem Sechstel der normalen Shuttle-Größe entsprach. Außerdem stürzte der Raumgleiter anschließend wie geplant ins Meer, wo er auch bleiben wird. Doch um das Shuttle tatsächlich wiederverwenden zu können, ist eine Landung auf festem Boden notwendig. Rajagopalan rechnet mit weiteren 15 Jahren und drei zusätzlichen Testmissionen, bis ein wirklich funktionsfähiges Raumfahrzeug zur Verfügung steht.

Indien erhofft sich von seinem Raumfahrtprogramm viele Vorteile. Militärisch soll es zur Überwachung, Aufklärung und Informationsbeschaffung dienen. "Der Trend geht zur Militarisierung des Weltalls inklusive der Entwicklung von Anti-Satelliten-Raketen", sagt Rajagopalan. Dem könne sich ihr Land nicht verschließen.

Allerdings liege der indische Fokus auf sozialen Aspekten wie einer verbesserten Wettervorhersage. Vor allem will sich Indien aber als eigenständiger Akteur in der internationalen Raumfahrt – etwa in Konkurrenz zu China – positionieren: zum Beispiel als Spacehub für andere Entwicklungsländer mit Weltraumambitionen sowie als Kooperationspartner für Russland, die europäische Esa oder die USA. Denn die Nasa verfügt derzeit über kein eigenes Raumschiff, das Fracht oder Astronauten zur internationalen Raumstation ISS bringen könnte.

Außerdem hofft Indien, den Service billiger anbieten zu können als die Konkurrenz aus Russland oder SpaceX. In Sachen Kostenreduktion ist Indien schon jetzt spitze: Seine Marsmission 2013 kostete knapp 73 Millionen US-Dollar, die amerikanische Marsmission verschlang 671 Millionen US-Dollar. Auch die Fertigung des Space-Shuttle-Modells soll laut der britischen Zeitung "The Telegraph" nur etwa ein Viertel so viel beansprucht haben wie die Produktion der Falcon 9 von Space X. (bsc)