TTIP-Leak: EU-Kommission fürchtet versteckte Kameras

Vor der wichtigen 14. Verhandlungsrunde über das geplante transatlantische Handelsabkommen TTIP wollen die USA weitere "Leaks aus Leseräumen" verhindern. Die EU-Kommission will versteckte Kameras verhindern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 299 Kommentare lesen
TTIP-Leak: EU-Kommission will Abgeordnete mit versteckter Kamera überwachen
Lesezeit: 3 Min.

Ein Sprecher der EU-Kommission hat Vermutungen zurückgewiesen, die Kommission wolle Politiker in den offiziellen Lesesälen für die TTIP-Dokumente mit versteckten Kameras überwachen. Das Recherchekollektiv Correctiv hatte das Protokoll einer Sitzung des EU-Rats von Anfang Juli veröffentlicht, in dem von einer "besseren Kontrolle elektronischer Geräte insb. mit versteckten Kameras an" die Rede war. "Vorgeschlagen wurde, dass mobile Telefone/Kameras nicht in den Leseraum genommen werden", erklärte ein Sprecher der Generaldirektion Handel auf Twitter. "Nichts anderes."

Die USA hätten sich erkundigt, wie die EU weitere Leaks aus Lesesälen zu verhindern gedenke, heißt es in dem vertraulichen Papier weiter. Zuvor hatte Greenpeace Anfang Mai rund 75 Prozent der TTIP-Papiere zu den unterschiedlichen Verhandlungspositionen ins Netz gestellt und einen öffentlichen Leseraum am Brandenburger Tor eröffnet, den die Polizei bald aber wieder dicht machte. Die USA hatten zunächst demonstrativ gelassen auf die Publikation reagiert, zeigten sich hinter den Kulissen aber ziemlich verärgert.

Die Kommission hat dem Ministerrat neben der verdeckten Videoüberwachung zudem vorgeschlagen, "eine zweite Begleitperson ab Anwesenheit von sechs Personen" in den Lesesälen zur Aufsicht mit einzubringen sowie nur noch "jeweils drei Dokumente zur gleichen Zeit" herauszugeben.

Nach hohem Druck von Volksvertretern und der Zivilgesellschaft hatte die Kommission im Dezember einen Leseraum im EU-Parlament eingerichtet. Ende Januar folgte das Bundeswirtschaftsministerium mit Vergleichbarem. An beiden Örtlichkeiten dürfen zugangsberechtigte Politiker und gegebenenfalls ihre Mitarbeiter auch vertrauliche Papiere mit Erläuterungen und Übersichten einsehen. Die bestehenden Auflagen sind aber bereits streng: Untersagt ist es etwa, sich Kopien anzufertigen. Allein handschriftliche Notizen sind zulässig.

Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass der Zugang von Abgeordneten eingeschränkt werden solle, erklärten Vertreter Deutschlands gemeinsam mit Abgesandten Österreichs. Ausdrücklich einverstanden mit erhöhten Sicherheitsvorkehrungen sollen Belgien und Litauen gewesen sein. Der grüne EU-Innenpolitiker Jan Philipp Albrecht twitterte empört den Gegenvorschlag, "offene Kameras" in die Verhandlungsrunden zu installieren.

In Brüssel läuft seit Montag die 14. TTIP-Verhandlungsrunde. Es geht um Vorschläge und Positionen zu Themen wie Industriegüter, Marktzugang, Schutz immaterieller Güter und geografischer Angaben, Dienstleistungen, öffentliches Vergabewesen oder nachhaltige Entwicklung. Die Kommission hat ihre eigenen Positionen dazu im Netz veröffentlicht, die der USA sind allenfalls in den Lesesälen ausgelegt. Die EU-Seite drängt darauf, die Gespräche noch 2016 abzuschließen. Damit müsste ein weitgehend fertiger Text eigentlich schon Ende der Woche stehen, da sich die Verhandlungsteams dann erst wieder im Oktober kurz vor der US-Wahl treffen sollen. Die Differenzen sind aber noch groß.

Update 17:30 Uhr: Erklärung der EU-Kommission in den ersten Absatz aufgenommen. Überschrift geändert. (anw)