Gericht: Fremde Links auf eigene Seiten kann man verbieten

Ein deutscher Computerspielehersteller hat sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass ein Konkurrent einen Link auf seine Website richtete.

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Das Landgericht Hamburg hat einer Firma in einem kürzlich verkündeten Urteil, zu dem nun die schriftliche Begründung vorliegt, beim Setzen unerwünschter Weblinks einen Unterlassungsanspruch gegenüber einem Mitbewerber zugestanden – und zwar auf Basis des Wettbewerbsrechts. Ein Unternehmen müsse es nicht dulden, entschied das Gericht, dass ein anderes, das im direkten Wettbewerb steht, Surfer per Link zu seinen Seiten führe. Den Hamburger Richtern zufolge kann sich das Unternehmen gegen diese unerwünschte Aufmerksamkeit ebenso wehren wie gegen andere unerwünschte Werbung für seine Produkte.

Die Firma Software 2000 aus Eutin hatte als Herstellerin der seit Jahren in immer neuen Versionen herausgegebenen Spiele "Bundesliga Manager" gegen die in Aachen ansässige deutsche Tochter von Electronic Arts geklagt, die als Anbieterin des Spiels "Bundesliga 2000 – der Fußball-Manager" aus der Serie "EA Sports" im direkten Wettbewerb zu den Eutinern steht. Grund für die Klage: ein unerwünschter Web-Verweis. Wer auf der internationalen Fußball-Manager-Site von EA als Suchbegriff "Bundesliga" eingab, dem wurde ein Link zur Seite des Software-2000-Spiels angeboten.

Die Richter mochten in der Verlinkung keine Analogie zum Zitieren sehen – im Rahmen eines Zitats ist ja die Wiedergabe fremder Wortlaute und Bilder auch ohne Erlaubnis des Urhebers statthaft. Das Gericht bejahte dagegen den Unterlassungsanspruch. Ausschlaggebend für die Entscheidung zugunsten von Software 2000 war jedoch nicht das Urheberrecht – das Gericht bewertete die unerwünschte Verlinkung vielmehr als wettbewerbswidriges Verhalten. Grundlage für die Entscheidung ist der sehr allgemein gehaltene §1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): "Wer im geschäftlichen Verkehre zu Zwecken des Wettbewerbes Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden."

Die für den Vertrieb von "Bundesliga 2001" in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständige Electronic-Arts-Tochter hatte schließlich noch versucht, sich auf den Hinweis zurückzuziehen, dass der fragliche Link auf einer Seite der amerikanischen Mutterfirma lag und man von Deutschland aus keinen Einfluss darauf nehmen könne. Das Gericht bejahte aber die so genannte Passivlegitimation der Aachener und wischte diesen Einwand damit vom Tisch. Als Folge des Urteils haben die Webgestalter von Electronic Arts in den USA den gerügten Link nun von ihrer Site entfernt, eine Eingabe von "Bundesliga" bei der Site-internen Suche bringt kein Ergebnis mehr.

Die Entscheidung des Hamburger Landgerichts, gegen die keine Rechtsmittel eingelegt worden sind, setzt nach Ansicht von Beobachtern einem Komplex seit Monaten international verhandelter Streitigkeiten die Krone auf, bei denen es zunächst hauptsächlich um die so genannte tiefe Verlinkung (deep linking) und die Wiedergabe fremder Inhalte innerhalb eigener Framesets ging. Zuerst in den USA, dann auch in Deutschland wehrten sich Website-Betreiber mit unterschiedlichem Erfolg dagegen, dass Teile ihrer Online-Angebote Surfern anders als auf den von ihnen vorgesehenen Wegen zugänglich gemacht wurden.

Wenn Webseiten oder auch ganze Sites als Datenbankwerke gelten können, wird ihnen besonderer Schutz durch die 1997 eingefügten Bestimmungen von Paragraph 87a–e des deutschen Urheberrechtsgesetzes zuteil. Damit hat der Gesetzgeber eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Der erweiterte Schutz für Datenbankwerke setzt jedoch voraus, dass diese mit "erheblichem Aufwand" erstellt worden sind. Auf dieser Grundlage hat die Online-Jobbörse Stepstone am letzten Freitag eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln gegen den in Dänemark ansässigen Mitbewerber Ofir erwirkt. Das dänische Unternehmen, das ebenfalls Jobs im Internet anbietet, hatte direkte Links auf Web-Inhalte von Stepstone gesetzt und die Surfer damit an der Homepage der Betreiber vorbei geleitet. Dies wurde ihm vom Landgericht Köln untersagt. Ofir hat Widerspruch gegen diese Entscheidung eingelegt. Mit einer Hauptverhandlung wird für Mitte Februar gerechnet.

Die Auseinandersetzungen um die so genannte tiefe Verlinkung führen zur grundsätzlichen Frage, unter welchen Umständen ein Betreiber einer Site es anderen verbieten kann, Links auf sein Angebot zu setzen. Mit seiner Entscheidung in der Sache "Bundesliga Manager" hat das Landgericht Hamburg diese Frage für deutsche Webmaster gleichsam mit einem radikalen "Immer" beantwortet – eine befremdliche Vorstellung angesichts der Konzeption des World Wide Web als Gefüge schier grenzenlos untereinander verlinkter Hypertext-Dokumente. Linksetzer müssen sich nun, wenn man es ganz streng betrachtet, nicht nur Sorgen um straf- und markenrechtliche Konsequenzen machen, sondern auch damit rechnen, dass der Inhaber eines Verweiszieles ihnen aus wettbewerbsrechtlichen Erwägungen oder – genauso denkbar – irgendwelchen anderen Gründen ganz platt untersagt, einen Weblink anzubringen.

In der Begründung ihres Entscheids widersprechen die Hamburger Richter (ebenso wie das Landgericht Köln im Stepstone-Urteil) sehr auffällig den Ausführungen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, das in seiner Urteilsbegründung zur Berufung im "Frame"-Prozess vom 29. Juni 1999 den Unterlassungsanspruch gegenüber einem Linksetzer "unter Gesichtspunkt eines ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gemäß § 1 UWG" ausdrücklich verneint. Dort heißt es: "Wer Webseiten ins Internet stellt, muss mit Verweisen rechnen und ist grundsätzlich hiermit einverstanden. Vor allem dann, wenn die Seite Werbung enthält, ermöglicht der Zugang von außen, nämlich durch so genannte Links, eine raschere und wirksame Verbreitung, was bezweckt ist und im Interesse der werbenden Person liegt." Auch bei dieser Streitsache standen die Parteien nach Auffassung des Düsseldorfer Gerichts in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander, was die beiden Urteile grundsätzlich vergleichbar macht. (psz)