Unister: Flugzeugabsturz, "Rip-Deal" und Insolvenz

Das Leipziger Unternehmen sorgte immer mal wieder für Schlagzeilen. Die Geschichte um die Insolvenz von Unister und den Tod des Gründers Thomas Wagner liest sich wie ein Krimi. Das ist viel Arbeit für die Staatsanwälte.

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Unister-Chef Thomas Wagner

Unister-Gründer Thomas Wagner ist bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

(Bild: dpa, Jan Woitas)

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Die Insolvenz des Leipziger Internetunternehmens Unister steht im Zusammenhang mit dem Flugzeugabsturz, bei dem Unternehmensgründer Thomas Wagner und drei weitere Personen ums Leben gekommen sind. Nach bisherigen Erkenntnissen war Wagner in Venedig, um einen Millionenkredit für das Unternehmen zu besorgen, und wurde dabei um mehr als eine Million Euro betrogen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs und geht inzwischen auch einem Anfangsverdacht von Insolvenzverschleppung nach.

Wagner und sein Mitgesellschafter Oliver Schilling waren am Donnerstag vergangener Woche beim Absturz eines Kleinflugzeugs in Slowenien ums Leben gekommen. Die zwei Unister-Manager kamen aus Venedig, wo Wagner offenbar ein Kreditgeschäft zugunsten des Unternehmens einfädeln wollte. Medienberichten zufolge hatte ein Vermittler den Kontakt zu einem angeblichen Geschäftsmann hergestellt, der Wagner einen Kredit im der Größenordnung von 12 Millionen Euro angeboten haben soll.

In einem Hotel in Venedig sollte das Geschäft demnach besiegelt werden. Wagner hatte 1,5 Millionen Euro in bar dabei, die angeblich für eine Kreditausfallversicherung gedacht waren. Im Gegenzug erhielt er einen Koffer mit rund 13 Millionen Schweizer Franken. Später stellte sich offenbar heraus, dass nur die oberen Scheine echt waren – insgesamt rund 10.000 Franken, die am Absturzort gefunden wurden. Bei den Ermittlungsbehörden ist diese "Rip Deals" genannte Masche bekannt. Wagner hatte Berichten zufolge in Italien Anzeige gestellt.

Am Montag nach dem Absturz folgte dann die Insolvenz der Unister Holding und mittlerweile auch einiger Tochtergesellschaften. Nun ermittelt die Sächsische Generalstaatsanwaltschaft wegen Betrugs- und Untreueverdachts. Grundlage sei eine Strafanzeige, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Klein am Freitag in Dresden. Wer die Anzeige erstattet hat, sagte er nicht. Nach einer weiteren Anzeige des Unister-Mitgründers und Gesellschafters Daniel Kirchhof seien die Ermittlungen um den Verdacht der Untreue erweitert worden. "Wir hätten aber auch von Amts wegen Ermittlungen eingeleitet", sagte Klein.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig prüft inzwischen auch einen Anfangsverdacht auf Insolvenzverschleppung bei Unister. Das sagte der für Wirtschaftsstrafsachen zuständige Oberstaatsanwalt Lutz Lehmann am Freitag. Eine solche Prüfung sei nach jedem Insolvenzantrag üblich. Die Frage sei aber, ob es überhaupt einen Beschuldigten gebe, gegen den sich die Ermittlungen richten könnten. Infrage komme nur der Geschäftsführer des Unternehmens. "Und ermitteln können wir nur gegen Lebende", sagte Lehmann. Der endgültige Nachweis, dass es sich bei den Toten um Wagner (38) und Schilling (39) handelt, stehe noch aus.

Das in Leipzig als Studententauschbörse gegründete Unister ist mit Reiseportalen groß geworden. Mit umsatzstarken Websites wie ab-in-den-urlaub.de oder fluege.de gehörte das Unternehmen zu den Großen der Reisebranche. Dabei hat Unister mit seinen Geschäftsmethoden für Schlagzeilen gesorgt. Der Anbieter hat seinen Kunden auch Zusatzleistungen wie Versicherungen verkauft. 2012 war das Unternehmen unter anderem wegen des unlizenzierten Versicherungsvertriebs ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Danach hatte Wagner seinen Chefposten geräumt. Finanzielle Probleme hatte das Unternehmen auch schon in der Vergangenheit schon. (vbr)