Kriminalitätsprognose: Berliner Polizei setzt auf Predictive Policing

"Kommissar Computer" soll den Berliner Ordnungshütern vom Herbst an dabei helfen, mögliche Einbrüche anhand von Datenanalysen vorherzusehen und zu verhindern. Zum Einsatz kommt die Software-Eigenentwicklung "KrimPro".

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Kriminalitätsprognose: Berliner Polizei setzt auf Predictive Policing

Berlins Innensenator Frank Henkel (r.) und Polizeipräsident Klaus Kandt

(Bild: dpa)

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Die Berliner Polizei springt auf den Zug von "Predictive Policing" auf, um bei Einbruchsdelikten Punkte ausfindig zu machen, in denen die Räuber erneut zuschlagen könnten. "Mit dem Beginn der dunklen Jahreszeit" werde die Behörde eine im eigenen Hause entwickelten Software "zur Prognose von Serientaten im Eigentumsbereich" im größeren Stil einsetzen, kündigte Polizeipräsident Klaus Kandt am Mittwoch an. In einem stadtweiten Probelauf solle damit zunächst insbesondere beim Wohnraumeinbruch die Wahrscheinlichkeit weiterer Taten an bestimmten Orten berechnet werden, um Verbrechen gezielt zu verhindern und Täter festzunehmen.

Erste Tests mit der Software "KrimPro" zur Kriminalitätsprognose haben die Hauptstadtfahnder nach eigenen Angaben im Juli bereits durchgeführt und dabei "sehr gute Ergebnisse" erzielen können. So habe sich in konkreten Beispielsfällen eine siebenfach bessere Vorhersage künftiger Einbrüche gegenüber der statistischen Zufallserwartung erreichen lassen.

Spezialisten der Polizei hätten in den vergangenen Monaten die bestehenden Analyse-Instrumente in einem Programm gebündelt und führten nun jeden Morgen eine Datenanalyse durch, berichtet die Berliner Morgenpost. So sollten vor allem Aktionsmuster von Intensivtätern erkannt werden, die für einen Großteil der Wohnungseinbrüche verantwortlich sind. Im Vordergrund stehe, dank "Kollege Computer" Einbrüche zu vermeiden und die Bewohner vor möglichen Folgetaten zu sensibilisieren.

Hoffnungen auf baldige umfassende Erfolge dämpfte Kandt: "Wir brauchen den langen Atem." Der Schuh drückt allerdings: Die Berliner Ordnungshüter registrierten 2016 bereits 6690 Wohnungseinbrüche und damit 590 mehr als im Vergleichszeitraum 2015. Die Aufklärungsquote für dieses Jahr liegt bei 5,6 Prozent, 2016 konnten 4,2 Prozent der Einbrecher dingfest gemacht werden. Die Hauptstadt liegt damit bundesweit im Trend.

Mehrere andere Bundesländer nutzen bereits Software für die "vorausschauende Polizeiarbeit". Bayern etwa setzt auf das Programm Precobs vom Institut für musterbasierende Prognosetechnik in Oberhausen. Kritiker warnen, dass in Kombination mit anderen Fahndungssystemen so eine Rund-um-Überwachung im Stil von "Minority Report" entstehen könne. Die Unschuldsvermutung und ordentliche rechtstaatliche Verfahren seien die ersten Opfer derartiger Mechanismen. Der sachsen-anhaltische Datenschutzbeauftragte Harald von Bose warnte jüngst davor, dass derlei Big-Data-Anwendungen im staatlichen Bereich hohe Risiken bärgen.

Als einen Vorteil der Berliner Eigenentwicklung bezeichnen die dortigen Ermittler dagegen, dass für KrimPro nur selbst rechtmäßig erworbene Daten verwendet und nicht an externe IT-Dienstleister herausgegeben würden. Sie behielten so in vollem Umfang die Informationshoheit. Voriges Jahr hatte Innensenator Frank Henkel (CDU) zunächst angekündigt, Precobs verwenden zu wollen. Dies sei nötig im Kampf gegen schnell zuschlagende und genauso rasch wieder abreisende Banden. (anw)