Microsoft-Prozess: Nächste Runde frühestens Oktober
Mit Spannung wurde die neue Liste der zu verhandelnden Fälle des obersten US-Bundesgerichts am gestrigen Freitag erwartet.
Mit Spannung wurde die neue Liste der zu verhandelnden Fälle des obersten US-Bundesgerichts (Supreme Court) am gestrigen Freitag erwartet: Ging doch alle Welt davon aus, dass ein Termin festgesetzt werde, an dem das Gericht darüber entscheidet, ob es das Berufungsverfahren im Kartellprozess gegen Microsoft annimmt. Wieder aber setzte der Supreme Court keine Verhandlung darüber an. Nun ist es wahrscheinlich, dass eine Entscheidung über das weitere Vorgehen im Microsoft-Prozess nicht vor dem 2. Oktober fällt – dann gibt der Supreme Court seine nächsten Verhandlungstermine bekannt.
Theoretisch kann das Gericht zwar auch außerhalb seiner gewohnten Verfahrensweisen spezielle Verhandlungen ansetzen – dies wäre aber unüblich und wird von US-amerikanischen Justizexperten auch nicht erwartet. Bereits Ende August war die Festlegung eines Verhandlungstermins erwartet worden; schon damals aber ließ der Supreme Court das weitere Vorgehen offen. Bei dem Termin soll es dann auch zunächst darum gehen, ob das oberste US-Gericht die Berufungsverhandlung überhaupt durchführt. Microsoft möchte vor dem eigentlich zuständigen Berufungsgericht des Distrikts Columbia verhandeln, während die US-Regierung die Berufung vom Supreme Court entschieden wissen will.
Das US-Justizministerium will durch die Verhandlung vor dem Supreme Court das Verfahen möglichst schnell zum Abschluss bringen; zudem sei die Bedeutung des Falls so groß, dass das oberste Gericht darüber direkt entscheiden müsse. Microsoft erklärte dagegen unter anderem, dass der Berufungsfall so komplex sei, dass die Angelegenheit am besten auf dem normalen Rechtsweg behandelt werden könne. Allerdings gibt es auch einen anderen möglichen Grund für Microsoft, die Verhandlung vor dem Appeals Court anzustreben: Dieses Gericht hatte in der Vergangenheit in einer mit dem Kartellstreit verbundenen Rechtsfrage zu Gunsten des Konzerns entschieden. Das Berufungsgericht hatte den Fall Mitte Juni bereits angenommen, muss ihn aber trotzdem abgeben, wenn der Supreme Court das Verfahren an sich zieht.
Die Verhandlung über die Berufung gegen eine Entscheidung eines Bezirksgerichts ist nach dem so genannte Expediting Act möglich, wenn der entsprechende Fall von "nationaler Bedeutung" ist. Dem Supreme Court selbst unterliegt es, einen solchen Berufungsprozess anzunehmen oder ihn doch an die erste Berufungsinstanz zu verweisen. Richter Thomas Penfield Jackson, der in seinem erstinstanzlichen Urteil eine Zweiteilung Microsofts verfügte, hatte dem Antrag der US-Regierung, vor dem Supreme Court zu verhandeln, bereits zugestimmt – dem muss das Bundesgericht allerdings nicht folgen. (jk)