Vogelfotografie: Wie man Vögel schützt

Vögel fotografieren ist bereichernd, anspruchsvoll und hat Suchtpotential - doch der Naturschatz, allen voran der Brutfrieden, muss Vorrang haben, schreiben die bekannten Naturfotografen Bence Máté, Jari Peltòmäki und Markus Varesvuo.

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Vogelfotografie: Wie man Vögel schützt

(Bild: Bence Máté)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Dr. Jürgen Rink
Inhaltsverzeichnis

In einem ausführlichen Workshop der aktuellen c't Fotografie 5/2016 geben Bence Máté, Jari Peltòmäki, Markus Varesvuo Starthilfe für Einsteiger in die Vogelfotografie und Tipps für diejenigen, die bereits Erfahrung gesammelt haben. Der Beitrag ist Teil des "Handbuch für Vogelfotografie" aus dem dpunkt-Verlag.

Die drei zählen zu den Stars der Vogelfotografie und haben spektakuläre Fotos veröffentlicht, doch ist ihnen sehr wichtig, die Vögel nicht zu stören oder zumindest ihr Verhalten durch den Eingriff der Fotografen nicht zu ändern. Bevor Sie mit Hilfe des Workshops in c't Fotografie loslegen, sollten Sie deshalb die folgenden Punkte beim Naturschutz kennen.

Vogelfotografie (7 Bilder)

Das Bartkauz-Porträt (Strix nebulosa) entstand mit Zoom-Effekt, bei dem
während der Belichtung der Zoom-Ring schnell gedreht wird.
(Bild: Jari Peltòmäki)

Bei der Nestfotografie steht in jedem Fall der Brutfrieden im Vordergrund. Der Fotograf muss das Verhalten und die Lebensweise der Art gründlich kennen und alle eventuellen Störfaktoren der Fotografie für die Brut minimieren. Kenntnisse über die Vogelart gilt als Grundvoraussetzung, weil einige Arten scheuer sind als andere. Wichtige Parameter sind das Verhalten, die Warnrufe und der natürliche Zeitraum zwischen den
Fütterungen.

Mit diesem Wissen kann der Fotografen rechtzeitig entscheiden, wann er die Umgebung des Nests verlassen muss, um der Brut nicht zu schaden. Wenn ein Vogel nicht aufhört zu warnen und sich nicht traut, im normalen Zeitraum zu füttern, oder sich gar nicht erst ans Nest wagt, ist es höchste Zeit dafür das Feld zu räumen. Die ständigen Warnrufe führen eventuell dazu, dass Räuber aus der Umgebung angelockt werden. Es wäre das sichere Ende für die Brut.

In den meisten Ländern benötigt man für die Nestfotografie übrigens eine Genehmigung der Umweltbehörde. Als Faustregel gilt: Je seltener die Art, umso sicherer, dass eine Erlaubnis erforderlich ist. Geh nie zum Nest, bevor du weißt, was das Gesetz über die Nestfotografie bei dieser Art sagt!

Wenn man mit äußerster Vorsicht arbeitet, einen Begleiter benutzt und die Elternvögel kein auffälliges Verhalten zeigen, stört das nicht sehr. Gelungene Fotos, die z.B. eine Schneeeule beim Füttern des Nachwuchses zeigen, zeugen davon, dass die Vögel durch das Fotoversteck nicht gestresst wurden und dass ein Begleiter den Fotografen zum Versteck geführt hat. In diesem Fall ist die potenzielle Störung der Brut nur gering.

Es gibt jedoch eine Reihe von Faktoren, wodurch eine Brut zerstört werden kann.Ein Beispiel: Wenn eines der Elternteile verstirbt, gelingt es dem allein gebliebenen Partner selten, die Brut bis zum Flüggewerden aufzuziehen.

Im Sommer 2007 haben wir im finnischen Lappland die Brut von Schneeulen mit behördlicher Erlaubnis fotografiert. Wir konnten das Schneeeulenmännchen beobachten, wie es hoch am Himmel über dem offenen Fjäll einen Steinadler jagte. Das erweckte bei uns die Vermutung, dass sich das Nest der Eule in dieser Richtung befinden könnte – und wir behielten Recht. In dem Nest fanden wir acht unterschiedlich alte Jungvögel – leider alle tot – und am Nestrand drei fette Berglemminge. Das Männchen schaute uns aus 50 Metern Entfernung zu; keine Spur vom Weibchen weit und breit.

Das Eulenmännchen hatte Futter zum Nest getragen, konnte es aber nicht zerstückeln, und die Jungen waren noch zu klein, um die Lemminge ganz zu schlucken. So sind die Jungen direkt neben ihrer Mahlzeit verhungert, weil dem Weibchen etwas zugestoßen sein musste. Nach unserer Vermutung hat der Steinadler das Schneeeulenweibchen erbeutet.

Man kann man die Störung der Tiere reduzieren, indem der Fotograf möglichst lange im Versteck verharrt. Der Fernauslöser ist bei der Nestfotografie eine brauchbare Alternative, weil man das Versteck in größerer Distanz zum Nest postieren kann und folglich die Vögel beim Fotografieren kaum stört. Allerdings sollte man wissen, dass einige Arten nicht mal die Kamera in der Nähe des Nestes akzeptieren.

Vögel suchen ihren Brutplatz sehr genau aus, und der Fotograf sollte die Privatsphäre und die Ruhe am Nest respektieren. Beinah alle Vogelarten bauen ihr Nest an einer geschützten Stelle. Ein solches Nest darf auf keinen Fall freigelegt werden – es könnte den Tod für den Nachwuchs bedeuten. Erfahrungsgemäß finden auch Fressfeinde ein gut sichtbares Nest leichter. Sollte ein Zweig, Grashalm oder ein anderes Hindernis die Sicht zum Nest einschränken, muss man sehr genau abwägen, ob man es entfernt, denn es kann zu fatalen Folgen führen.

Die Brut muss nicht nur vor Fressfeinden, sondern auch vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt
werden. Wenn überhaupt, bietet es sich an, Gräser und Zweige behutsam zur Seite zu schieben und nach dem Fotografieren alles sofort wieder in den Urzustand zurückzuversetzen. Es gibt aber auch Arten, denen man sich während der Brut leicht annähern kann. Ein gutes Beispiel für einen zutraulichen Vogel ist der Mornellregenpfeifer, den man beim Brüten selbst mit Weitwinkelobjektiven fotografieren kann.

Jeder muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Eine zerstörte Brut darf nie der Preis für persönlichen Ehrgeiz sein darf. Ein Naturfotograf muss in der Lage sein, schnelle Entscheidungen zu treffen und die Vorbereitungen für ein Foto gänzlich abzubrechen, wenn dadurch eine Gefahr für die Tiere entsteht. Denn kein Foto hat Vorrang vor dem Leben und dem Brutfrieden der Vögel. Dann steht der Vogelfotografie nichts im Wege.

Der Workshop "Die Geheimnisse der Vogelfotografie der drei Autoren Bence Máté, Jari Peltòmäki und Markus Varesvuo finden Sie aktuell in der c't Fotografie 5/2016, erhältlich im heise-Shop und im Handel. Das Handbuch der Vogelfografie ist im dpunkt-Verlag erschienen. (jr)