Iran stellte erste Phase seines nationalen Internets vor

Will die iranische Regierung ihr Land vom weltweiten Internet abkoppeln? Am Sonntag wurde die erste Phase eines rein nationalen Datennetzwerks vorgestellt. Zunächst sollen lokale Webseiten und Behörden-Dienste verfügbar sein.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 58 Kommentare lesen
Netzwerkkabel

(Bild: dpa, Sven Hoppe/Archiv)

Lesezeit: 2 Min.

Die Pläne für ein isoliertes, rein nationales Internet im Iran kursieren bereits seit mehreren Jahren, nun macht die Regierung ernst: Am Sonntag wurde die erste Stufe eines auf den Iran beschränkten Datennetzwerks feierlich eingeweiht, wie die Nachrichtenagentur Fars News meldete. Zunächst sollen Nutzer darüber zunächst lokale Webseiten und Online-Dienste von Behörden und Regierungsstellen aufrufen können.

Die zweite Phase solle dann im Februar 2017 beginnen und unter anderem Videostreaming möglich machen, schreibt die Agentur Mehr. Die dritte Phase soll im März beginnen und weitere Dienste hinzufügen. Das Ganze solle gestützt werden durch Investitionen in lokale Rechenzentrums-Kapazitäten sowie in den Ausbau von Glasfasern und Kupferkabeln. Insgesamt solle das nationale Internet alle heimischen Inhalte, Dienste und Anwendungen in sich vereinen, zitiert die BBC den iranischen Kommunikationsminister Mahmud Vaezi. Zudem solle es ein Garant für schnelle und günstige Breitbandverbindungen sein.

Obwohl der Iran einzelne soziale Netzwerke blockiert und andere scharf überwacht, nutzen viele Iraner nach wie vor technische Umwege wie VPN, um auf Twitter, Facebook und anderen Medien zu posten. Zudem sind innerhalb des Landes Tausende von Webseiten verboten und geblockt. Die bisherige Vorgehensweise, ungewollten Netzinhalten mit Filtern zu begegnen, habe sich als "ineffizient“ erwiesen, sagte Minister Vaezi. Ein nationales Internet bringen hingegen einen deutlichen Zugewinn an Sicherheit. So habe sein Ministerium erst kürzlich mit DDoS-Angriffen zu kämpfen gehabt.

Im Mai hatte die iranische Regierung bereits verlauten lassen, dass ausländische Anbieter von Messaging-Apps binnen eines Jahres Daten über iranische Staatsbürger auf Server innerhalb der islamischen Republik transferieren müssen. Beobachter gehen davon aus, dass die Maßnahme vor allem auf den Messenger Telegram zielt, der auch verschlüsselte Chats ermöglicht. Telegram soll im Iran enorm populär sein und dort schätzungsweise 20 Millionen Nutzer haben.

Die Privatsphäre der Nutzer solle auch im nationalen Internet gewährleistet bleiben, heißt es in den iranischen Agenturberichten. Angesichts harter Strafen gegen Urheber ungewollter Inhalte und ausgeprägter Zensur klingt das eher unwahrscheinlich. Die britische Menschenrechtsorganisation Article 19 warnte in Bericht bereits Anfang des Jahres vor dem Vorhaben. Das nationale Internet isoliere die Iraner vom Rest der Welt, limitiere ihren Zugang zu Informationen und behindere Möglichkeiten öffentlichen Protestes. Die Organisation Reporter ohne Grenzen führt den Iran immer wieder in seiner Liste der Feinde des Internets auf. (axk)