Opas Rache

Vergleich Triumph Speed Triple R vs. Yamaha MT-10

Man sollte erwarten, dass die neue Yamaha MT-10 Triumphs in die Jahre gekommene Speed Triple schlachtet in jedem Vergleich. Aber in der unglaublich guten R-Version der Speedy ist es umgekehrt, wie eine Ausfahrt zeigte

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Triumph, Yamaha 24 Bilder
Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Stuttgart, 26. September 2016 – Motorschreiber schreiben selten, aber manchmal Blindtests, in denen sie das beschriebene Fahrzeug aus Drucktermingründen nicht mehr fahren konnten. Das können sie deshalb tun, weil sie aus ihrer Erfahrung genügend grobe Daten extrapolieren, dass es nicht auffällt. Über die Details fällt eine Tünche aus vage horoskopierten Formulierungen. Blöd wird es nur, wenn Entwicklungslinien unerwartete Knicke aufweisen. Dann weicht die Extrapolation so stark von der Realität ab, dass nur noch ein ablenkender Absatz über die Alitalia helfen kann. Wenn ich blind über die aktuelle Triumph Speed Triple R und die Yamaha MT-10 geschrieben hätte, wäre es eine leichte Enttäuschung darüber, wie der Genregründer Speedy den Zug der Moderne verpasst hat, auf dem die MT-10 ihm davonfährt. Doch als ich beide auf der Schwäbischen Alb fuhr, kam unerwarteterweise das komplette Gegenteil heraus.

Powerwheeliespender

Der Grund für die Ursprungsvermutung lag darin, dass Triumph bei der Speed Triple über viele Jahre in kleinen Schritten weiter ging. Die erste Speed Triple (T309) von 1994 war noch ein recht eigenwilliges Eisenschwein, das du entweder liebtest oder hasstest, aber nicht besonders aus dem Brei der Neunziger herausragte. Das änderte sich mit der komplett neu gedachten T509: Einarmschwinge, organisch geformter Alurahmen, vor allem aber die zwei chrompolierten Eierbecher als Lampen, die fortan das Markenzeichen der Baureihe wurden. Auch da gab es keinen Platz zwischen entweder Hass oder Liebe, doch hier hatte Triumph den Grundstein der modernen Power-Nakeds gelegt.

Lange Zeit blieb die Speedy der Tesla S ihres Segments: Wenn du so ein Motorrad wolltest, konntest du es entweder mit Chromeierbechern bei Triumph kaufen oder gar nicht. Triumph montierte schon im Jahr nach der Einführung der T509 einen breiten Lenker statt der bisher stilgebenden Lenkstummel, danach blieb das Rezept im Grunde so bestehen. Aufgrund ihrer kurzen Geometrie zusammen mit dem bärig drehmomentstarken Reihendreizylinder bot Triumph eine DER Wheelie-Maschinen überhaupt an. In der jüngsten Zeit geriet das alte Rezept der Speedy jedoch fahrerisch ins Hintertreffen gegen die neue Generation der Power-Nakeds, vor allem gegen die krassen Drei: Aprilia Tuono V4R, BMW S 1000 R, KTM 1290 Super Duke. Da sah Triumphs Segmentbegründer plötzlich alt aus dagegen, auch, weil er zur Erscheinungszeit dieses Trios nur in Details modellgepflegt wurde.

Technokratentransformer

Die Yamaha MT-10 dagegen sollte die Technik des Superbikes R1 zugänglicher auf enge Landstraßen bringen. Die R1 gehörte zu den interessantesten Neuerscheinungen bei den japanischen Superbikes der letzten Zeit. Als einziges Vierzylinder-Motorrad gibt es hier einen Reihenvierzylinder mit Crossplane-Kurbelwelle. Die zeichnet sich für Ottonormalfahrer vor allem durch ihr merkwürdiges Geräusch aus. Yamaha sagt, die Drehmomentabgabe des Motors sei traktionsgünstiger, weil sie der Reifenhysterese entgegenkomme. MotoGP-Technik! Eigenwillig! Verbrauchte etwas mehr, war aber etwas Besonderes.