Bundesrat will Gesetzentwurf zur Netzneutralität aufbohren

Die Länderkammer spricht sich dafür aus, dass gegebenenfalls auch Zero Rating im Mobilfunk mit bis zu 500.000 Euro Bußgeld geahndet werden kann. Radiogeräte sollen digitalisiert, Kostenfallen im Mobilfunk eingedämmt werden.

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(Bild: dpa, Matthias Balk)

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Der Bundesrat hat den Bundestag und die Bundesregierung aufgefordert, bei einem neuen Gesetzentwurf zur Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) nachzubessern und die Initiative deutlich auszudehnen. Bei dem Vorhaben geht es bisher darum, Verstöße gegen die EU-Verordnung zur Netzneutralität mit bis zu 500.000 Euro Bußgeld zu sanktionieren. Schon an diesem Punkt lässt der Entwurf laut der am Freitag verabschiedeten Stellungnahme der Länderkammer aber Lücken, die geschlossen werden müssten.

Konkret bezieht sich der Bundesrat darauf, dass die umstrittene Praxis des Zero Rating bislang nicht unter die sanktionierbaren Tatbestände falle. Dabei rechnen Mobilfunkbetreiber bestimmte Transfers etwa beim Streaming nicht auf das Datenvolumen an, das in einen Tarif eingeschlossen ist. Sie bevorzugen so eigene Angebote oder die von Partnern.

Das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (Gerek) hat jüngst in seinen Leitlinien zu der Verordnung für ein offenes Internet herausgearbeitet, dass Netzbetreibern kein großer Spielraum mehr für Preisdiskriminierungen einschließlich Zero Rating bleibt. Selbst wenn ganze Dienstkategorien wie Videostreaming und nicht einzelne Apps bevorzugt werden, kann dies den Kontrolleuren zufolge leicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Die Zero-Rating-Praktiken, die nach Ansicht der Regulierungsbehörden verboten sind, müssen nach Ansicht des Bundesrats so auch prinzipiell wie andere Verstöße gegen die Netzneutralität geahndet werden können. An der maximalen Höhe der Bußgelder soll aber nicht gedreht werden, obwohl Beobachter kritisiert hatten, dass die Summen von Konzernen wie der Deutschen Telekom aus der Portokasse gezahlt werden sollten.

Die Länderkammer hält es aber für nötig, dass der Gesetzentwurf nur mit ihrer expliziten Zustimmung in Kraft treten darf. Die Bundesnetzagentur müsse sich ferner bei Entscheidungen zum Schutz des offenen Internets im Rahmen des Regelwerks eng mit den Landesmedienanstalten abstimmen. Dies ergebe sich aus dem verfassungsrechtlichen Auftrags an die Länder, "die Entwicklung des Zugangs zum und die Angebotsvielfalt im Internet zu beobachten" und absehbaren Beschränkungen entgegenzuwirken.

Nicht zuletzt macht sich der Bundesrat dafür stark, Verbraucher vor Kostenfallen im Mobilfunk besser zu schützen. Handynutzer sollen von ihrem Betreiber so verlangen können, kostenlos eine selektive, auf einzelne Anbieter oder Branchen beschränkte Sperre einzurichten. Dies sei effektiver als die bisherige pauschale Drittanbieterblockade.

Die über spezielle Abrechnungsschnittstellen durchgeführte Identifizierung von Mobilfunkanschlüssen für das vielfach mit Abzocke in Verbindung gebrachte "WAP-Billing" soll bei Neuverträgen standardmäßig ausgeschlossen und nur noch per Opt-in von Kunden freigegeben werden. Auch die Anforderungen an die Identitätsfeststellung von Drittanbietern müssten verschärft werden, meinen die Länder. (axk)