Cyberradio endgĂĽltig abgeschaltet
Der deutsche Internet-Radio und -Fernseh-Anbieter Cyberradio hat heute den Sendebetrieb einstellen mĂĽssen. Die Internetradio-Szene ist zwar im Kommen, steht aber noch vor einigen Problemen.
Der deutsche Internet-Radio und -Fernseh-Anbieter Cyberradio hat heute den Sendebetrieb einstellen müssen. Nachdem bereits vor einem Monat ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und Cyberradio den Versuch unternommen hatte, bei eBay eine Mehrheitsbeteiligung an der Firma zu versteigern (Mindestgebot für die 500.001 Aktien waren knapp 6,5 Millionen Mark), ist der Sender seit heute mittag komplett vom Netz.
Diese Pleite kommt zu einer Zeit, in der Internetradio langsam im Kommen ist. Etwa 8.000 Radiosender sind derzeit im Internet zu empfangen. Und weil alles, was sich mit dem Internet verbindet, Anlass fĂĽr euphorische Prognosen ist, gibt es auch hier eine hoffnungsvolle Voraussage: Schon 2003 sollen weltweit mehr als 40 Milliarden US-Dollar (knapp 95 Milliarden Mark) in Radio- und TV-Angeboten ĂĽber das World Wide Web umgesetzt werden. Die Gegenwart sieht erst einmal etwas weniger rosig aus. Doch sind jede Menge Erwartungen und Hoffnungen geweckt, auf diesem Markt der Zukunft dabei zu sein.
So haben sieben deutsche Anbieter von Internet-Radiostationen die Gründung der "Webradio-Alliance" am Rande der Hörfunkmesse RadioDay in Köln bekanntgegeben. Mit dem Hamburger Cyberradio ist einer der Pionier der ersten Stunde schon nicht mehr dabei. Vielfältig nämlich sind die Probleme, mit denen die Internet-Radios konfrontiert sind. Für viele private Anwender wird sich beispielsweise Internet-Radio wohl nur rechnen, wenn sie einen Flatrate-Zugang haben. Doch auch mit Flatrates gibt es ja noch mehr als genug Probleme. Hinzu kommen die im Moment noch recht hohen Hardware-Anforderungen an die Anbieter, die für gestreamte Inhalte für jeden Nutzer einen eigenen Stream bereitstellen müssen.
Mittlerweile lösen die Großanbieter das Problem dadurch, dass sie mit Hilfe regional verteilter Cache-Server Streaming-Daten nur über kurze Strecken durch das Internet schicken. Ohne dass der Kunde es merkt, wird er nicht von der eingetippten Adresse etwa aus den USA bedient, sondern von einem näher gelegenen Rechner. Firmen wie Akamai oder Digital Island bedienen so einen rasant wachsenden Markt. Idealerweise steht mindestens ein solcher Server am Backbone jedes größeren Internet-Providers. Der "brute force"-Ausbau von Hardware hat bei einigen Anbietern zu erstaunlichen Kapazitäten geführt: Der Internet-Sender "dasWebradio.de" etwa kann, nach eigenen Angaben, gleichzeitig 100.000 Hörer bedienen.
Beim Stichwort Musik sind aber auch die Rechteverwerter zur Stelle: Sie sehen mit Missfallen die derzeitige Praxis der weitgehend unkontrollierten Musiknutzung im Internet. Wer sich als professioneller Anbieter wie die Webradios zu erkennen gibt, wird zur Kasse gebeten. Derzeit verlangen GEMA und Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) zwar nur Pauschalgebühren, doch sobald echte Hörerdaten vorliegen, kann es richtig teuer werden. Und noch offen ist, ob die EU weit restriktivere Maßnahmen zum Schutz der Urheberrechte ergreift.
Ist es für die Rechtekosten ein Vorteil, noch keine genauen Nutzerdaten zu haben, wird es bei der Werbung zum Problem. Die soeben verabredete Webradio-Allianz will für einheitliche Kriterien sorgen, denn bislang lassen sich die einen wie eine normale Website nach Clicks und Visits erheben, während die anderen wie normale Radiosender durch die Medienanalysen-Erhebung gemessen werden wollen.
"Ich sehe uns nicht als Online-Dienst, sondern als Hörfunkanbieter", sagt Stephan Schwenk, Chef von dasWebradio.de und gleichzeitig Geschäftsführer vom Funkhaus Berlin, zu dem die UKW-Sender Spreeradio und Rock Star FM gehören. Sein Antrag zur Medienanalysen-Erhebung wurde erst einmal abgelehnt. Er sieht die Chance, das Internet zu nutzen, um in Deutschland das erste nationale private Radio zu etablieren.
Und an dieser Stelle wird natürlich die Medienaufsicht wach: Bislang sind Webradios von der Lizenzierung befreit und damit zulassungsfrei. Doch das kann sich ändern. Die Technische Kommission der Landesmedienanstalten ist bereits zu dem Schluss gekommen, dass im Internet der Empfang von Hörfunk in ausreichender Qualität und vergleichbaren Hörerzahlen wie im herkömmlichen Radio möglich sei. (Hannes Bahrmann, dpa) / ()