Leica Oskar Barnack Award 2016: Arme Kinder, starke Kerle

Die Gewinner des diesjährigen Leica Oskar Barnack Awards zeigen arabische Macker aus dem Nahen Osten und die Tristesse in den verarmten Regionen von Südwales.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Andreas Th. Fischer

Die französische Fotografin Scarlett Coten wird für ihre Bildserie Mectoub mit dem Leica Oskar Barnack Awards 2016 ausgezeichnet. Sieger des Nachwuchspreises ist die Fotografin Clémentine Schneidermann mit dem Fotoprojekt The Unbearable, the Sadness and the Rest. Scarlett Coten beleuchtet in ihrer Bildserie die Rollen- und Männlichkeitsbilder in der arabischen Welt. Ihre Porträts sollen dabei vor allem „den Blick auf die Brüche zwischen gesellschaftlicher Konformität und individueller Sehnsucht” lenken.


Vier Jahre lange reiste Coten von Nordafrika bis in den Nahen Osten und fotografierte dort zahlreiche Männer. Mectoub ist ein Wortspiel aus dem arabischen "maktub", das für ein schicksalhaft gemeintes „es ist geschrieben” steht und dem französischen „le mec”. Ein "mec" ist in der Umgangssprache ein "Macker". Dabei gelingt es Coten immer wieder, das traditionelle Männerbild der arabischen Welt zu hinterfragen, wenn sie „die Macker” etwa in Frauenschuhen oder mit langen Haaren abbildet. Für ihre ungewöhnliche Serie hat Coten 25.000 Euro sowie ein Leica M-System im Wert von 10.000 Euro erhalten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine Vimeo-Video (Vimeo LLC) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Vimeo LLC) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Deutlich düsterer sind die Aufnahmen von Clémentine Schneidermann, die in diesem Jahr den Nachwuchspreis für ihre Serie The Unbearable, the Sadness and the Rest erhalten hat. Die Bilder sind in Südwales entstanden, einer Region, die nach dem Ende des Kohlebergbaus mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen kämpft. Die Fotos zeigen aber nicht nur die typischen Auswirkungen wie Alkoholismus, Drogen und Armut. Schneidermann wollte stattdessen die "Barriere zwischen dem Insider- und dem Blick von außen überwinden".

Zehn Monate lang hat sie sich dazu in und um Blaenau Gwent aufgehalten. Die meisten Aufnahmen entstanden in den Gemeinden Coed Cae und Swffryd. Dort kooperierte sie unter anderem mit einem Jugendclub und inszenierte ihre Aufnahmen wie Mode-Shootings. Schneidermann über ihre Arbeit: „Der Tag des Shootings war stürmisch, regnerisch und extrem windig. Wahrscheinlich war es der schlimmste Tag, den man sich vorstellen kann, um Kinder zu fotografieren, die draußen empfindliche Designerkleidung tragen. Aber das Ergebnis waren genau die Bilder, die ich mir erhofft hatte: zart, verrückt und ein bisschen dramatisch.”

Als Gewinnerin des Leica Oskar Barnack Awards Newcomer hat Clémentine Schneidermann ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro und eine Messsucherkamera von Leica erhalten. Erstmals haben auch die zehn weiteren Finalisten jeweils ein Preisgeld in Höhe von 2.500 Euro bekommen. Zu ihnen gehört mit Esther Teichmann auch eine Deutsche. Weitere Teilnehmer wie Juan Pablo Bellandi stammen aus Venezuela, Fulvio Bugani aus Italien und Max Pinckers aus Belgien. (keh)