WIPO-Generaldirektor warnt vor Stillstand beim Schutz geistigen Eigentums

Der Schutz von Rechten an geistigem Eigentum wandert zunehmend in bilaterale und multilaterale Abkommen. Wie schwer eine Einigung unter den Vereinten Nationen ist, zeigt sich auf der WIPO-Tagung.

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WIPO-Generaldirektor warnt vor Stillstand beim geistigen Eigentum

Francis Gurry

(Bild: wipo.int (Archiv))

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Von
  • Monika Ermert

Dem Schutz des geistigen Eigentums drohe Stillstand, auch den neuen Schrankenregelungen, beklagte Francis Gurry, Generaldirektor der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) auf der WIPO-Jahrestagung in Genf. Die UN-Unterorganisation konkurriert mit Regelungsinitiativen auf nationaler und regionaler Ebene, auch mit den diversen Freihandelsabkommen. Zudem sind Entwicklungsländer und Industrieländer zur geplanten Vertragskonferenz zum Schutz industrieller Designs uneinig.

Die in der WIPO vertretenen Entwicklungs- und Schwellenländer wollen der für 2017 geplanten Harmonisierung des Schutzes industrieller Designs – dazu gehören etwa Form und Farben von Produkten – nur unter bestimmten Bedingungen zustimmen. Sie verlangen insbesondere die Herkunft der angemeldeten Designs offenzulegen, um zu vermeiden, dass die Anmelder sich "traditionelles Wissen" aneignen. Die EU-Mitgliedsländer, ebenso wie die USA und andere Industrienationen wiesen die Offenlegungsregel am Montag in Genf zurück. Wenn beide Seiten auf ihren Positionen bleiben, könnte die 2010 seit laufende Vertragsinitiative scheitern.

Die Zerwürfnisse über die jüngsten Vertragsinitiativen rühren für Gurry nicht zuletzt daher, dass postindustrielle Wirtschaften einerseits und noch-agrarische andererseits sehr unterschiedliche Erwartungen an den Schutz geistigen Eigentums haben. Kritiker der WIPO sehen diese Erkenntnis als Fortschritt an.

Eine erfolgreiche Vertragsinitiative ist in Genf vorzeigbar: Seit vergangenem Freitag ist die "Blindenschranke" in Kraft, die spezielle Urheberrechtseinschränkungen für den besseren, auch grenzüberschreitenden Zugang von Blinden und Sehbehinderten für gedruckte Werke vorsieht. Am Mittwoch tagt erstmals das Vertragskomitee des sogenannten Marrakesch-Vertrags. Nicht so richtig mitfeiern könnten allerdings die Europäer, klagte der Interessenverband Europäischer Blindenorganisationen, die Europäische Blindenunion. Mehrere Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, hatten die Ratifizierung durch die EU-Kommission durch ein Verfahren blockiert, in dem sie die Zuständigkeit der EU bezweifelten. (anw)