Spacemacs verpasst Emacs ein frisches Benutzerinterface

Der Texteditor will das Beste aus Emacs und Vim verbinden und modern präsentieren. Übersichtlichkeit und Konsistenz sind wichtige Designprinzipien. Die Community soll die Entwicklung steuern.

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Spacemacs verpasst Emacs ein frisches Benutzerinterface
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Rainald Menge-Sonnentag

Unter dem Namen Spacemacs ist eine neue Emacs-Distribuion erschienen, die dem altbewährten Texteditor ein modernes Erscheinungsbild geben will. Immerhin blickt der vom Free-Software-Pionier Richard Stallman initiierte GNU Emacs auf eine gut dreißigjährige Geschichte zurück. Die ersten Ansätze liegen sogar in dem vor vierzig Jahren am MIT entwickelten "Editor MACroS".

Der dauerhafte Konkurrent von Vim beziehungsweise vi ist weit mehr als ein normaler Editor: Durch seine Erweiterbarkeit bezeichnen ihn begeisterte Nutzer ebenso wie Spötter gerne als eigenes Betriebssystem. Die in den Neunzigerjahren ironische Auflösung des Akronyms "Eight Megabytes And Constantly Swapping" kann allerdings heute wohl keiner mehr nachvollziehen.

Obwohl er mit seinem Funktionsumfang auch heute noch ein mächtiges Werkzeug für Entwickler ist, schreckt die im Vergleich zu Werkzeugen wie Atom oder Visual Studio Code altbackene Erscheinung und das auf Tastenkürzel ausgelegte Bedienkonzept jüngere Nutzer ab. Das will Spacemacs ändern und den vollen Funktionsumfang des Editors in eine moderne Benutzerschnittstelle verpacken. Laut der Dokumentation war die ursprüngliche Idee hinter dem Projekt, eine Emacs-Variante für Vim-Anwender zu erstellen.

Das Benutzerinterface bleibt im Vergleich zu modernen Entwicklerwerkzeugen spartanisch.

(Bild: Spacemacs)

Das Team hat vier Design-Prinzipien entwickelt, die am Anfang der Dokumentation aufgelistet sind:

  • Mnemonic bedeutet, dass einfache und leicht nachvollziehbare Tastenkürzel wie "b" für Buffer und "s" für Suche zum Einsatz kommen.
  • Discoverable heißt, dass Add-ons und Befehle leicht zu finden sein müssen und Spacemacs ein Abfragesystem bietet, das die Suche erleichtert.
  • Consistent soll sicherstellen, dass ähnliche Funktionen dasselbe Tastenkürzel verwenden. Außerdem muss jedes Add-on eine Dokumentation beinhalten.
  • Crowd-Configured bedeutet, dass die Entwicklung der Pakete und Bugfixes komplett Community-gesteuert sind.

Spacemacs will neue Anwender ebenso für sich gewinnen wie alteingesessene Emacs- und Vim-Anwender. Sie können den Eingabestil entsprechend anpassen und auch miteinander vermischen. Spacemacs lässt sich beispielsweise so konfigurieren, dass er ausschließlich die aus Emacs bekannten Tastenkürzel verwendet.

Im Vergleich zu anderen Entwicklerwerkzeugen wie Atom und Visual Studio Code ist die Oberfläche ungewohnt minimalistisch. Auch das gehört jedoch zum Designkonzept, das dem Nutzer den größtmöglichen Teil des Fensters als Arbeitsfläche überlassen will. Auch Spacemacs setzt weiterhin auf Tastatursteuerung.

Der Ansatz, Emacs um GUI-Elemente zu erweitern, ist nicht neu. Der populärste ist sicher der XEmacs-Ableger. Im Gegensatz dazu verzichtet Spacemacs auf eine Menüzeile und Buttons, die Befehle leicht per Maus erreichbar macht. Auch wenn Puristen die Nase rümpfen werden, ist der Ansatz der frischen Emacs-Variante durchaus interessant. Wer Spacemacs ausprobieren möchte, findet weitere Informationen auf der Projektseite und im passenden GitHub-Repository. (rme)