Plötzlich Firma

Vom Bastler zum Start-up-Gründer: Für ihren Tisch-Lasercutter Mr Beam erhielten drei Freunde 180000 Euro per Crowdfunding. Was Maker erwartet, wenn sie fast fünfmal so viele Geräte herstellen müssen wie geplant.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Anika Kehrer

Teja Philipp hat ein gutes Gedächtnis für technische Details. Mit leuchtenden Augen rattert er Wellenlängen des elektromagnetischen Spektrums herunter und stellt gestikulierend die Funktionsweise der Spiegel nach, die den Strahl eines Gasröhren-Lasercutters über eine Arbeitsfläche lenken. Auch mit der leistungsschwächeren, aber günstigeren Laserdiode kennt sich der Münchner inzwischen bestens aus. Dabei ist Philipp eigentlich Informatiker und wusste bis vor drei Jahren noch fast nichts über Lasertechnik – bis er anfing, sein Hobby zum Beruf zu machen.

Bei privaten Tüfteleien hatte der 37-Jährige festgestellt, dass sich Bastelmaterialien wie Pappe, Kork oder Holz mit einem Diodenlaser leicht und präzise bearbeiten lassen, nicht nur, wenn es darum geht, scharfkantige Schnitte zu setzen, sondern auch, um Gravuren in eine Oberfläche einzuritzen. Das perfekte Werkzeug also, um Geschenke herzustellen, befand Philipp. Das Problem: Lasercutter sind zwar in der Industrie weit verbreitet. Für Heimwerker sind die Profigeräte bei einem Preis von mehreren Tausend Euro dagegen viel zu teuer, außerdem zu unhandlich. Philipp beschloss, das zu ändern – und machte sich daran, selbst einen Prototyp für einen Lasercutter zu entwickeln.

Mitte 2013 schmeißt er seinen Job als Webentwickler hin, weil er damit nicht mehr zufrieden war. Nun hat er Zeit, den Prototyp seines selbst entworfenen Lasercutters auch tatsächlich zu bauen. Im November 2013 ist er fertig. Als Laserquelle dient die Diode eines gewöhnlichen DVD-Brenners, als Antrieb die einschlägige Technik aus Modellbau-Fachmärkten, als Steuerung ein Raspberry Pi für die Schnittvorlagenverarbeitung und ein Arduino für die Elektroniksteuerung. Das Ganze steckt in einem simplen Holzrahmen. Aber es reicht, um aus einer DIN-A4-großen Fläche Formen deutlich schneller und exakter auszuschneiden als mit einer Laubsäge. Alle in Philipps Bekanntenkreis finden das „cool“. Zusammen mit zwei seiner Freunde entschließt er sich Ende 2013, diesen „Mr Beam“ als Selbstbau-Kit anzubieten.

Um das Interesse zu testen und Geld für die Produktion zusammenzubekommen, stellen Philipp und seine Mitstreiter ihre Idee im Mai 2014 auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter ein. Die Begeisterung, die Mr Beam auslöst, trifft sie ziemlich unvorbereitet: Rund 180000 US-Dollar spendiert die Crowd, das Vierfache der avisierten Summe. Keiner der drei hatte große unternehmerische Pläne. Nun aber müssen sie 240 Kunden beliefern – sie hatten mit höchstens 50 gerechnet. Sie waren plötzlich Firma, ein „Start-up by accident“, wie Philipp es nennt. Wie aber sollen sie die vielen bestellten Geräte herstellen?

(wst)