Facebook will "Free Basics" auch in den USA starten

Die umstrittene Zugangsplattform "Free Basics" von Facebook ist ursprünglich für Schwellenländer konzipiert worden. Jetzt laufen Verhandlungen, um das selektive Gratis-Internet auch in den USA verfügbar zu machen.

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Free-Basics-App

Selektives Internet ohne Zugangsentgelt: Die Free-Basics-App dient als Sprungbrett für die auf der Plattform vertretenen Dienste.

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Auch US-Bürger sollen in den Genuss von "Free Basics" kommen. Facebook will seine auf Smartphone-Grundlage betriebene Zugangsplattform, die Teil des Partnerschaftsprojekts "Internet.org" mit verschiedenen IT-Unternehmen ist, nicht mehr nur auf Schwellenländer mit unterentwickelter Internet-Infrastruktur beschränken. Das berichtet die "Washington Post" unter der Rubrik "The Switch" in ihrer Online-Ausgabe von Donnerstag.

Schon seit Monaten soll der Social-Media-Riese mit US-Behörden und Zugangsprovidern verhandeln, um eine US-Version seiner Plattform anbieten zu können. Das "Zero Rating"-Konzept hierfür sieht vor, dass Nutzer mit ihrem Smartphone bestimmte Dienste des Internet nutzen können, ohne dass dafür Zugangsentgelte anfallen; bei bestehenden Mobilfunkverträgen soll das abzurechnende Datenkontingent nicht belastet werden.

Website-Betreiber, die ihre Dienste über "Free Basics" verfügbar machen möchten, haben über eine von Facebook eingerichtete Entwickler-Site Gelegenheit, dies zu beantragen. Dem Unternehmen zufolge geht es um "grundlegende Internet-Dienste"; im Gespräch sind neben Wikipedia und Wetterinformationen, News, Gesundheitstipps und Jobbörsen naheliegenderweise auch Facebook und WhatsApp. Bisherige "Free Basics"-Angebote betreffen etwa die Online-Handelsplattform Bikroy.com und das Frauen-Beratungsportal Maya.com.

Anbieter, die die Teilnahmebedingungen akzeptieren, können ihre Dienste über die Entwickler-Website einreichen.

Nach eigenen Angaben bietet die Plattform bereits einer Milliarde Menschen in 49 Ländern einen entgeltfreien Internet-Zugang über ihre App an. In den USA sind vorrangig einkommensschwache Smartphone-Besitzer in ländlichen Gegenden im Blick, die sich keine zuverlässige und schnelle Internet-Anbindung leisten können. Ihre Rechnungen bei Mobilfunkprovidern sollen durch die Nutzung von Angeboten über die "Free Basics"-Plattform geschont werden; das Datenvolumen wird dabei gewissermaßen gestreckt. Hierfür schließt Facebook Kooperationsverträge mit den Carriern ab. Facebook verspricht sich vom Erfolg der laufenden Verhandlungen die Gelegenheit, Millionen zusätzlicher Anwender zu erreichen. Offizielle Verlautbarungen über den Stand der Dinge gibt es nicht.

Das selektive "Zero Rating"-Prinzip in einem Umfeld, in dem es vorhandene Zugangsmöglichkeiten zum Netz gibt, ist stark umstritten. Es läuft dem Grundsatz der Netzneutralität zuwider: Die auf der Plattform vertretenen Dienste werden durch den Wegfall von Zugangsentgelten für die Anwender bevorzugt gegenüber anderen Angeboten im Netz. Die Tür zur Teilnahme hat Facebook zwar grundsätzlich für fremde Organisationen geöffnet, aber das Unternehmen behält dennoch die Kontrolle über den selektiven Gratis-Zugang.

Der beschriebene Konflikt hat in der Vergangenheit bereits dazu geführt, dass die "Free Basics"-Plattform etwa in Indien wieder schließen musste. Auch Ägypten stoppte das Angebot zu Beginn des laufenden Jahres, nur zwei Monate nach dem Start. Facebook legt offenbar großen Wert darauf, ähnliche Pannen in den USA nicht zu erleben, und bemüht sich daher um die Gunst der US-Regierung für das Projekt, bevor irgendwelche Fakten im Land geschaffen werden.

US-amerikanische Internet-Aktivisten haben bereits die Federal Communications Commission (FCC) aufgefordert, Modelle wie "Free Basics" nach Maßgabe ihrer Regeln für Netzneutralität zu überprüfen. Sie argumentieren damit, dass solche Projekte vorrangig großen, eingeführten Unternehmen nutzen würden – oder eben den Partnern solcher Unternehmen. Vertreter der FCC sind bereits mit Providern wie Comcast, T-Mobile and Verizon zusammengekommen, um über das für die Behörde eingestandenermaßen schwierige Thema zu sprechen. (psz)