Teilchenbeschleuniger im Mini-Format

Teilchenbeschleuniger wie der LHC am Cern in Genf sind gigantische Maschinen. Dass sich Teilchen auch mit sehr viel kleineren Apparaturen beschleunigen lassen, haben Physiker aus den USA und Deutschland gezeigt.

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Teilchenbeschleuniger im Mini-Format

Abschied vom Gigantismus: Mit diesem Röhrchen beschleunigten Forscher am Lawrence Berkeley National Laboratory Elektronen auf extrem hohe Energien.

(Bild: Roy Kaltschmidt / BerkeleyLab)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Alexander Stirn

Statt jahrelang auf eine Experimentiermöglichkeit in Genf zu warten, sollen Biologen, Materialexperten und Physiker künftig in der Lage sein, im heimischen Institut präzise Teilchenstrahlen zu produzieren. Bereits in fünf Jahren soll ein erstes experimentelles Modell fertig sein, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe (jetzt im Handel und im heise shop bestellbar). "Die Miniaturisierung der Beschleuniger kann man mit der Entwicklung von Computern vergleichen, die ursprünglich ganze Räume einnahmen und nun am Handgelenk getragen werden", sagt Peter Hommelhoff, Laserphysiker an der Universität Erlangen-Nürnberg.

Bei ihren Experimenten schicken die Forscher einen Teilchenstrahl (zum Beispiel Elektronen) direkt über eine Glasplatte, die von unten mit Laserlicht bestrahlt wird. Senkrecht zur Flugrichtung der Elektronen ritzten die Forscher kleine Rillen in das Glas. Das Laserlicht muss darin eine kürzere Strecke zurücklegen, die Position seiner Wellen über der Platte verschiebt sich. Werden die Rillen richtig angeordnet, dann erwischen die Teilchen auf ihrem Weg übers Glas stets ein Wellental. Sie werden kontinuierlich beschleunigt. Der Geschwindigkeitsgewinn ist tatsächlich vergleichbar mit konventionellen Beschleunigern.

Und das ist nicht die einzige Möglichkeit: Jagen Physiker einen starken Laserblitz durch ein Plasma, wirft er die leichten Elektronen vorübergehend aus der Bahn. Die schwereren Protonen verharren hingegen an ihrem Platz. Es entsteht eine positiv geladene Blase, die sich gemeinsam mit dem Laserstrahl im Plasma fortbewegt. Die verdrängten Elektronen versuchen, diese Lücke schnell wieder zu füllen – vor allem am hinteren Ende der Blase. Werden nun zusätzliche Elektronen zum passenden Zeitpunkt in die sich schließende Blase geschickt, können sie wie ein Surfer auf den nachströmenden Teilchen reiten und dabei eine höhere Energie erreichen als der ursprüngliche Laserstrahl. Da die Turbulenzen hinter dem Lichtpuls an die Kielwelle eines Schiffs erinnern, wird das Verfahren auch Kielfeld-Beschleunigung genannt.

Wim Leemans vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien ist es so gelungen, in einer kleinen Röhre namens "Bella" Elektronen auf annähernd die gleiche Energie zu bringen wie der größte deutsche Teilchenbeschleuniger Desy. Noch ist allerdings unklar, wie der Elektronenstrahl aus einem Beschleunigermodul am besten in die nächst stärkere Einheit geführt werden kann, um schrittweise höhere Energien zu erzielen.

Zwei Mini-Beschleuniger konnten Leemans und sein Team immerhin schon koppeln, wie die Forscher Anfang 2016 im Fachmagazin Nature berichtet haben. Auf hohe Energien haben sie dabei bewusst verzichtet. "Es ging allein um die Stabilität", sagt Sven Steinke, der Autor der Studie. Im nächsten Schritt hoffen sie, mit zwei Modulen auch die doppelte Energie zu erreichen.

Mehr dazu lesen Sie in der druckfrischen Ausgabe von Technology Review (ab heute im Handel und im heise shop bestellbar). (jle)