US-Handelsaufsicht verklagt vermutliche Tech-Support-Betrüger

Popup-Werbung gaukelt ein ernstes Computerproblem vor und führt auch gleich zur angeblichen Abhilfe: Teurer Tech-Support, der keiner ist. Alleine in den USA gibt es Tausende Opfer pro Jahr. Der US-Behörde FTC reicht es jetzt.

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Callcenter symbolisiert durch 2 Playmobil-Figuren

Hier werden Sie geholfen. Nicht!

(Bild: Bryce Johnson CC-BY 2.0)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die US-Handelsbehörde FTC (Federal Trade Commission) geht gerichtlich gegen eine Gruppe vor, die mit betrügerischem "Tech-Support" abgezockt haben soll. Die Täter sollen besonders lästige Popup-Werbung geschaltet haben, die den Opfern ein technisches Problem vorspielt und sie zum Anruf bei einem vermeintlichen Tech-Support verleitet. Der dort erbrachte "Support" ist teuer und im besten Fall unnütz.

Die Mitarbeiter des indischen Call Centers sollen sich als Partner oder Zertifikatsinhaber bekannter Marken wie Microsoft, Apple oder Norton ausgegeben haben. Für jeweils dreistellige Beträge gibt es einmalige "Hilfe" oder einen Jahresvertrag. "Seit mindestens 2013 haben die Beklagten Verbraucher in den Vereinigten Staaten um Millionen von Dollar erleichtert", heißt es in der Klageschrift.

So hat Rajiv C. seine Popups gegenüber dem BBB dargestellt.

(Bild: Gerichtsakt)

Für mehr als fünf Millionen US-Dollar Schaden hat die FTC Belege eingereicht. Davon sollen für die Schaltung der Popup-Reklame mehr als 1,2 Millionen Dollar an die Firma F5 Media geflossen sein. Das Callcenter in Indien hat demnach mehr als eine Million bekommen.

Und die Täter sind dreist: Zweimal hat Einer versucht, ein Gütesiegel des Better Business Bureau (BBB) zu bekommen. Und nach einer Verbraucherbeschwerde beim BBB hat er voriges Jahr von "über 1.000 Kunden" mit "herausragender Bilanz" gesprochen. Das BBB ist eine gemeinnützige Organisation, die das Vertrauen der Verbraucher durch Gütesiegel und Ratings stärken möchte. Die Anträge der Täter hat es abgewiesen.

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Die einschlägige Popup-Werbung arbeitet mit Angstmache: Der Computer sei infiziert, habe sonst ein technisches Problem, jemand hacke gerade die Bankkonten des Users, etc. Dazu können unaufhörliche, durchdringende Alarme und gesprochene Warnungen kommen. Oft können die User das Popup nicht schließen oder umgehen, so dass Ihr Gerät für sie unbedienbar wird; selbst nach einem Neustart des Rechners soll der Terror bisweilen weitergehen.

Unter einer Rufnummer wird professionelle Abhilfe versprochen. Wer dort anruft, dem wird noch mehr Angst eingeflößt und Fernzugang zum Rechner abverlangt. Dann demonstrieren die Täter auf dem Bildschirm des Opfers eine angebliche Notwendigkeit für Tech-Support. Und der richtet bisweilen echten Schaden an.

Leider zieht die Masche: Die FTC berichtet von 40.000 einschlägigen Beschwerden im Jahr 2015. Beim FBI sollen in den ersten vier Monaten dieses Jahres 3.600 Anzeigen eingegangen sein.

Auszug aus dem Blog von F5 Media

(Bild: Screenshot)

In einem undatierten "Tutorial" empfiehlt F5 Media ein Geschäftsmodell mit "unbestreitbar realistischer" Werbung, die Verbraucher zu Telefonanrufen bewegt. Als Beispiele werden eine Malware-Warnung, ein Blue-Screen und eine Browser-Fehlermeldung gezeigt. Abgerechnet wird die Werbung pro eingegangenem Anruf (Pay Per Call).

F5 Media stellt diese Art der Geschäftemacherei als "Goldmine" dar und empfiehlt sie für "7 GROSSE Nischen": Tech-Support, Rechtsberatung, Pay Day Loans, Handwerker, Versicherungen, Solaranlagen und Partnersuche. Zudem gibt das Unternehmen Tipps zur optimalen Auslastung des Callcenters.

Die FTC hat keine strafrechtliche Anklage erhoben, sondern beim Bundesbezirksgericht für das östliche Missouri eine zivilrechtliche Klage wegen "betrügerischer Fehldarstellung" eingebracht (4:16-cv-01556). Das wäre ein Verstoß gegen das FTC-Gesetz. Die Behörde begehrt eine Unterlassungsverfügung, Wiedergutmachung, Abschöpfung ungerechtfertigter Bereicherung, das Einfrieren von Vermögen, die Deaktivierung von Internetdomains und Telefonleitungen, und so weiter.

F. Ein schlechteres BBB-Rating gibt es nicht.

(Bild: Screenshot)

Eine Einstweilige Verfügung hat das Gericht bereits erlassen. Die Belangten sind als unschuldig zu betrachten und haben erstmals am Freitag Gelegenheit, sich vor Gericht zu verteidigen. Beklagt sind die in Missouri registrierten Firmen Global Access Technical Support (auch als Global S Connect, Yubdata Tech und Technolive auftretend), Global sMind (auch Global S Connect), Source Pundit (auch OneSource Tech Support) und Helios Digital Media; das indische Unternehmen VGlobal ITES; sowie die natürlichen Personen Rajiv C., Rupinder K. und Neeraj D.

Die Firma Source Pundit stellt sich auf ihrer Website als erfolgreicher Recruiter für die Öl- und Gasbranche mit Büros in St. Louis, Neu Delhi, Dubai und Yokahama dar. Die angeführte US-Adresse ist aber bloß ein UPS-Postfach in einer Strip Mall. heise online hat Rajiv C. kontaktiert und wartet auf seine Stellungnahme.

(ds)