Chinas Telekom- und TV-Kabelmarkt in Bewegung

Das chinesische Ministerium für Informationsindustrie (MII) will künftig Kabelnetzbetreiber und Telekomanbieter Lizenzen für alle Dienste anbieten.

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  • Monika Ermert

Das chinesische Ministerium für Informationsindustrie (MII) will künftig Kabelnetzbetreiber und Telekomanbieter Lizenzen für alle Dienste anbieten, berichtete China Daily unter Berufung auf einen Direktor der MII-Planungs- und Politikabteilung. Damit würde das MII von dem noch im September vergangenen Jahres festgelegten Konvergenz-Bann abrücken. Fernsehen über die Netze der Telefonanbieter – allen voran China Telekom – wäre damit ebenso erlaubt wie High-Speed-Internetzugänge über das HFC-Netz des State Administration for Radio and Television (SARFT).

Kabelbetreiber können Internetdienstleistungen anbieten, sie brauchen lediglich eine Lizenz, sagte der MII-Vertreter. Die Entscheidung im vergangenen Jahr muss auch vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen zwischen Kabel- und Netzbetreibern gesehen werden. Im vergangenen Jahr hatten Kabelfernsehbetreiber Telekomleitungen gekappt, über die Videoprogramme angeboten wurden, berichtete das WebZine ChinaOnline. Auch nach dem Bann hätten viele Rundfunkstationen Internetangebote und die marktdominierende China Telecom Fernsehangebote gemacht.

"Für schnelle Internetanschlüsse übers Kabel gibt es schon eine ganze Reihe von Testläufe in Shenzhen, Qingdao und den Provinzen Hunan und Shandong", sagt Chen Liying, Chefredakteurin der China Internet Times. "Gesetzliche Regelungen für alle gibt es aber derzeit noch nicht." Die Kabelnetzwerke sind laut einer Studie des US-amerikanischen Department of Commerce geeignet, das Problem des Endnutzerzugangs zu lösen. Das Fernsehkabelnetz der SARFT allein hat mit immerhin 80 Millionen Teilnehmeranschlüsse. Auch wenn erst knapp ein Zehntel rückkanalfähig sind, gehen doch Beobachter davon aus, dass Internet per Kabel angesichts der besseren Penetration gute Chancen im Wettlauf um Multimediakunden hat. Zudem stehen 11 Millionen PCs rund 320 Millionen Fernsehgeräte gegenüber.

Zu den Regionen mit Sonderregelungen gehört auch die Küstenmetropole Shanghai, die schon seit längerer Zeit die Integration von Diensten auf dem Kabel erprobt. In einzelnen Stadtteilen gibt es schon jetzt Internet über das TV-Kabel. In drei Jahren sollen hier schon 3 Millionen Kunden in den Genuss der Kombination aus klassischen Medieninhalten, Kabelfernsehen und schnellem Internetzugang kommen. Gerade diese Woche bekräftigte Shanghai mit einem ehrgeizigen Fünf-Jahresplan, man wolle sich noch stärker aufs digitale Medienzeitalter einstellen. Um 30 Prozent jährlich soll der IT-Sektor wachsen, wenn es nach der Vorstellung der speziell für Netzfragen zuständigen Shanghaier Behörde geht.

Kabelinternetanbieter könnten nach dieser Wende auch ausländischen Investitionen offen stehen, sofern die Bereiche Programm und Netzdienstleistung getrennt sind. Denn China hat sich in kürzlich veröffentlichten Neuregelungen des Telekommunikationssektors zu den in den WTO-Verhandlungen zugesicherten Beteiligungsmöglichkeiten für ausländische Internet-Provider bekannt. Der Wettbewerb um Chinas Surfer wird auf jeden Fall härter. Gestern kündigte China Telekom in Peking sinkende Preise für den Internet-Zugang an. Mitte der Woche kam außerdem ein neuer potenter Konkurrent aus der Deckung: die chinesische Bahn hat beim MII eine Telekommunikationslizenz beantragt. (Monika Ermert) / (jk)