Freie Energiequelle aus PC-Schrott

Werden nur kleine Mengen Strom benötigt, verspricht Energy Harvesting einen interessanten Ansatz. Reicht die elektromagnetische Strahlung nicht aus oder fehlt sie, kann ein abgewandelter Dynamo helfen.

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Freie Energiequelle aus PC-Schrott
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Schäffer

Auf Youtube zeigen zahlreiche Bastler, wie sie eine LED oder Ähnliches mit einfachen Bauteilen unabhängig betreiben können. Zum Thema Energy Harvesting und Freie Energie gibt es im Internet zahlreiche Beiträge und auch unsere Leser haben sich – ebenso wie Disney – bereits erfolgreich daran erprobt und Fahrradsättel aufgerüstet. Selbst Lisa Simpson hat schon etwas ähnliches entwickelt, wird dann aber wieder einmal von der orthodoxen Einstellung ihrer Mitmenschen ausgebremst.

Als wir über ein solches Video (Youtube) stolperten, war das Interesse geweckt. Natürlich handelt es sich dabei nicht um Lampen für Netzspannung, wie der Autor auch erzählt, sondern um LEDs. Mehrmaliges Ansehen des Videomaterials weckt zumindest Interesse, denn irgendwie scheint es ja zu funktionieren. Ein weiterer Bericht (mit einem Augenzwinkern) aus der Redaktion.

Auf die Schaufeln eines ausrangierten PC-Lüfters (die meistens recht leichtgängig sind) werden Magnete aus einer Neodym-Eisen-Bor-Legierung geklebt – immer mit der gleichen Nord-Süd-Ausrichtung der Feldlinien. Wird ein weiterer (stärkerer) Magnet an eines der Schaufelräder mit entgegengesetzter Feldausrichtung gehalten, dann stoßen sich die beiden Magnete ab. Weil der externe Magnet nicht beweglich ist, wird das Schaufelrad ein wenig wegbewegt. Dadurch gelangt aber bereits das nächste Schaufelrad mit dem nächsten Magneten in das Kraftfeld des externen Magneten. Auch dieser wird wieder abgestoßen und das Laufrad beginnt sich zu drehen. Aufgrund der Kreisbahn gelangt immer der nächste Magnet ins Wirkungsfeld und die Rotation setzt sich fort.

Der Elektromotor im Lüfter produziert bei einer anliegenden Spannung normalerweise die Rotation des Lüfters. Wird der Rotor aber von Außen gedreht, handelt es sich um einen einfachen Dynamo, der zwar einen schlechten Wirkungsgrad hat, aber trotzdem etwas Strom abgibt, mit dem dann eine LED betrieben werden kann.

Im ersten Moment herrscht Verblüffung über das einfache Prinzip. Nach mehrmaligem Betrachten entstehen sowohl Zweifel (irgendwie widerspricht das dem in der Schule gelernten), als auch der Gedanke, das einfach Mal auszuprobieren und zu sehen, was dran ist.

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Nichts leichter als das. Neodym-Magnete und PC-Lüfter haben wir reichlich. Etwas frickelig ist das Festkleben mit Sekundenkleber. Selbst die kleinen Magnete kleben einfach überall fest: an der Pinzette, an sich selber, an der Spulenwicklung im Lüfter... Achtung: Das Material ist extrem spröde und zerspringt zu scharfkantigen Fragmenten, wenn die Magnete im vollen Schwung irgendwo anschlagen.

Auch die Kollegen sind inzwischen neugierig geworden. Die Stimmung schwankt zwischen Spott, Hohn und Neugierde. Wirklich fundierte wissenschaftliche Erklärungen findet aber keiner – weder dafür noch dagegen. Um so größer ist dann die Verblüffung, als der erste Probelauf ansteht und sich der Lüfter wie gewünscht in Rotation versetzt. Jetzt ist keine Zeit mehr, zu messen wie viel Spannung der Dynamo liefert. Der am nächsten stehende Redakteur schnappt sich eine LED und hält sie einfach an die beiden Anschlusskabel - und siehe da: sie leuchtet!

Natürlich handelt es sich auch bei unserem Modell um ein Fake. Trotzdem ist es interessant, wie sehr sich die Mitmenschen aus dem Konzept bringen lassen. Jedem ist im Grunde klar, "das geht nicht". So ein bisschen Zweifel schwingt mit, und wenn es dann doch funktioniert, ist die Verblüffung groß. Erstaunlich, wie viele Videos es dennoch gibt, die genau das behaupten: dass es funktioniert. Nur wenige gehen der Sache auf den Grund und schauen hinter die Kulissen (bzw. unter den Tisch). Auch pseudo-wissenschaftliche Abhandlungen gibt es. Von Leuten, die das offenbar ganz ernst nehmen. Die einzige Lehre, die man daraus ziehen kann: Hinterfrage alles, was im Netz publiziert wird, und sei skeptisch mit gesundem Menschenverstand. Im Zweifelsfall probiere es selber aus.

Aufbau für den Trick mit Freier Energie

Damit unser Lüfter sich dreht, haben wir zwei 3-Volt-Batterien benutzt, die über ein Reed-Relais mit der Motorwicklung verbunden sind. Wird der externe Magnet an den Lüfter gehalten, schließt der Schalter und der Lüfter dreht sich und die LED leuchtet.

Warum das ganze nicht funktionieren kann, ist relativ einfach zu erklären: Zwar wird der erste Magnet tatsächlich abgestoßen und der nächste dreht sich zum externen Magneten hin, aber dann bleibt der Mechanismus stehen. Schuld sind die Feldlinien der Magneten, die nicht gerichtet sind. Sind die Magnete alle mit dem magnetischen Nordpol nach oben aufgeklebt, dann werden sie vom Nordpol des großen Magneten abgestoßen. Der magnetische Südpol auf der Unterseite der kleinen Magnete ist aber auch vorhanden und der wird wiederum vom externen Nordpol angezogen. So finden die Schaufelräder eine Ruheposition, in der die Kräfte im Gleichgewicht sind.

Trotzdem ist es ein nettes Gimmick, um beim Betrachter ein Stirnrunzeln hervorzurufen. Selbstverständlich glaubt keiner daran, dass es wirklich so funktioniert aber interessant ist doch, wie getrickst wurde. (fls)